Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung nach Eingliederungsgesetz Versorgungsämter NW. Weisungsrecht im öffentlichen Dienst
Leitsatz (amtlich)
Erfolglos gebliebene Klage eines bisherigen Mitarbeiters des ehemaligen Versorgungsamtes Bielefeld gegen seine Zuordnung zum Landschaftsverband Westfalen-Lippe in Münster.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die in einem Arbeitsvertrag geregelte Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes begründet die Möglichkeit, dass der Angestellte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen versetzt oder abgeordnet werden kann, und zwar auch an eine Dienststelle außerhalb des bisherigen Dienstortes (damals: § 8 BAT, jetzt: § 4 TV-L). Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitsvertrag den Dienstort des Dienstantritts ausdrücklich erwähnt. Ein der Widerspruchsfreiheit verpflichtetes Vertragsverständnis führt auch in einem solchen Fall zu der Auslegung, dass der Angestellte seine Tätigkeit im Zeitpunkt des Tätigkeitsbeginns bei der vertraglich ausgewiesenen ersten Dienststelle aufnimmt und fortan dem tarifvertraglich bestimmten Weisungsrecht unterliegt.
2. Der Arbeitnehmer, der in den öffentlichen Dienst eingestellt wird, kann nicht annehmen, dass sich der öffentliche Arbeitgeber mit der bloßen Nennung der Dienststelle bei Gelegenheit des Abschlusses des Arbeitsvertrages seines weitreichenden tariflichen Direktionsrechts begibt und sich vertraglich dauerhaft festlegen will, den Angestellten nur bei der ersten Einsatzstelle zu beschäftigen. Wegen der Bezugnahme auf den Tarifvertrag hat der Angestellte regelmäßig davon auszugehen, dass er dem tarifvertraglichen Direktionsrecht unterstehen soll und er deshalb jede ihm innerhalb der räumlichen Reichweite des tarifvertraglichen Direktionsrechts zugewiesene Tätigkeit der vereinbarten Vergütungsgruppe zu verrichten hat.
Normenkette
BG § 611 Abs. 1, §§ 133, 157; TV-L § 4 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Münster (Urteil vom 19.09.2008; Aktenzeichen 4 Ca 105/08) |
ArbG Rheine |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 19.09.2008 4 Ca 105/08 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Zuordnung zum Landschaftsverband Westfalen-Lippe in M2 im Wege der Personalgestellung.
Er ist am 10.12.1949 geboren, verheiratet und Vater zweier Kinder im Alter von 22 und 24 Jahren.
Er ist seit dem 01.06.1978 bei dem beklagten Land beschäftigt, zuletzt als Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes im Bereich „Soziales Entschädigungsrecht” mit einem Bruttomonatsgehalt von 3.204,– Euro. Seine Arbeitspflicht erfüllte er durchgängig bei dem Versorgungsamt B2.
Ausweislich § 2 des schriftliches Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Mit Wirkung zum 01.11.2006 wurde das Arbeitsverhältnis in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12.10.2006 (TV-L) überführt.
Am 30.10.2007 beschloss der Landtag NRW als Artikel 2 des 2. Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen das Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (GV NRW 2007, 482; im Weiteren: EingliederungsG Versorgungsämter).
Das EingliederungsG Versorgungsämter bestimmt unter anderem:
„I. Auflösung der Versorgungsämter und Übertragung der Aufgaben
§ 1
Auflösung der Versorgungsämter
(1) Die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben werden nach Maßgabe dieses Gesetzes den Kreisen und kreisfreien Städten, den Landschaftsverbänden und den Bezirksregierungen übertragen.
(2) Die Beamten und die tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter gehen nach Maßgabe dieses Gesetzes auf die Kreise und kreisfreien Städte, auf die Landschaftsverbände, auf die Bezirksregierungen und auf das Landesamt für Personaleinsatzmanagement über bzw. werden im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt.
(3) Die Versorgungsämter A2, B2, D1, D2, D3, E1, G1, K2, M2, G1 und W5 werden mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aufgelöst.
§ 4
Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich
der Kriegsopferversorgung
(1) Die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung werden mit Wirkung vom 1. Januar 2008 auf die Landschaftsverbände übertragen.
(2) Die Landschaftsverbände nehmen die Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr. Die Aufsicht führt die …
…
II. Personalrechtliche Maßnahmen
…
§ 10
Tarifbeschäftigte
(1) Die mit Aufgaben nach §§ 2 bis 5 und nach § 8 Abs. 2 betrauten tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter werden kraft Gesetzes mit Wirkung vom 31. Dezember 2007 in das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales übergeleitet und nach Maßgabe der Absätze 5 bis 7 und der §§ 11 bis 21 den dort genannten kommunalen Körperschaften kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2008 im Weg...