Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzugslohn. unwirksame Kündigung. Streikteilnahme während Annahmeverzuges
Leitsatz (amtlich)
Kein Anspruch auf Verzugslohn bei Streikbeteiligung nach unwirksamer fristloser Kündigung
Normenkette
BGB § 615
Verfahrensgang
ArbG Herford (Urteil vom 27.10.2010; Aktenzeichen 2 Ca 999/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 27.10.2010 – 2 Ca 999/10 – wird nach Abtrennung des Verfahrens wegen der Vergütungsdifferenzen aus dem Zeitraum 10. bis 12.04.2010 auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten im Anschluss an einen erfolgreich geführten Kündigungsschutzprozess – betreffend die Unwirksamkeit einer fristlosen Kündigung vom 09.04.2010 – die Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Dem hält die Beklagte den Einwand entgegen, der Kläger habe sich ab dem 13.04.2010 gemeinsam mit weiteren gekündigten und ungekündigten Arbeitnehmern an dem ab diesem Tage von der Gewerkschaft geführten Streik um den Abschluss eines Haustarifvertrages beteiligt. Für die Dauer der Streikteilnahme stehe dem Arbeitnehmer auch während des Annahmeverzuges kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung zu.
Der im Jahre 1977 geborene Kläger war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 27 d. A.) seit dem Jahre 2007 im baugewerblichen Betrieb der Beklagten als Technischer Leiter beschäftigt. Nach seiner Darstellung belief sich die zu beanspruchende monatliche Arbeitsvergütung zuletzt auf 3750 EUR, nach Darstellung der Beklagten auf 3625 EUR. Hierüber ist ein weiterer Rechtsstreit anhängig (ArbG Herford 2 Ca 679/10 = LAG Hamm 11 Sa 90/10). Nachdem der Kläger im Zuge des Kündigungsrechtsstreits ab dem 07.06.2010 eine Beschäftigung bei einem anderen Unternehmen aufgenommen hat, stehen im vorliegenden Verfahren Vergütungsansprüche für den Zeitraum vom 10.04. bis 06.06.2010 im Streit.
Wie unstreitig ist, hatte die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt, Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe mit Schreiben vom 31.03.2010 (Bl. 175 der Akte), die nicht tarifgebundene Beklagte zur Aufnahme von Tarifverhandlungen über den Abschluss eines Haustarifvertrages aufgefordert. Am 08.04.2010 wurde der Kläger – neben weiteren, ebenfalls am 09.04. gekündigten und freigestellten Beschäftigten – zum Mitglied der Tarifkommission gewählt. Nachdem die Beklagte die Aufnahme von Tarifverhandlungen ablehnte, kündigte die Gewerkschaft mit Schreiben vom 13.04.2010 (Bl. 177 der Akte) die Aufnahme eines unbefristeten Streiks für den Fall an, dass bis zum 13.04.2010, 10.01 Uhr keine Bereitschaft der Beklagten erklärt werde, Tarifverhandlungen zu führen. Der hierauf am 13.04.2010 begonnene Streik endete ohne Tarifabschluss, nachdem das Arbeitsgericht durch Urteil vom 14.07.2010 die Unwirksamkeit sämtlicher Kündigungen vom 09.04. und 22.04.2010 festgestellt hatte.
Zum Geschehensablauf am Tage vor Streikbeginn hat der Kläger vorgetragen: Wie die Beklagte im Parallelverfahren ArbG Herford 1 Ca 995/10 (LAG Hamm 8 Sa 2222/10) im Wesentlichen bestätigt habe, seien am Montag, den 12.04.2010 die gekündigten Arbeitnehmer um 6.00 Uhr morgens erschienen, um ihre Arbeitskraft anzubieten und die Rücknahme der Kündigungen zu fordern, was von Beklagtenseite abgelehnt worden sei. Gleiches habe die Beklagte gegenüber den um 7.00 Uhr erschienenen gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten der Beklagten – etwa der Hälfte der Belegschaft – erklärt, worauf diese aus Solidarität mit den Gekündigten ihre Arbeit niedergelegt hätten. Hierauf habe die Beklagte mit Abmahnungen wegen Verletzung der Arbeitspflicht und der Erteilung eines Hausverbots durch ihren früheren Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt P1, reagiert. Ob in diesem Zusammenhang der Gewerkschaftssekretär M1 gegenüber dem Betriebsleiter S2 erklärte, im Falle der Rücknahme der Kündigungen werde man den Aussicht genommenen Streik um den Abschluss eines Haustarifvertrages zunächst einmal aussetzen, ist unter den Parteien streitig.
Der Kläger hat im ersten Rechtszuge beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7001,25 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Zustellung der Klage zu zahlen abzüglich bereits durch die Bundesagentur für Arbeit geleisteter 2550,32 EUR.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
Durch Urteil vom 27.10.2010 (Bl. 88 ff. der Akten), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht dem Kläger Vergütung allein für drei Kalendertage (10. bis 12.04.2010) auf der Basis der von der Beklagten behaupteten Vergütungshöhe zugesprochen und die Klage im übrigen – wegen des Streits um die Höhe der Arbeitsvergütung sowie wegen des Vergütungsanspruchs für den Zeitraum vom 13.04. bis 16.06.2010 – abgewiesen. Zur Begründung der klageabweisenden Entscheidung ist im Wesentlichen a...