Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankheitsbedingte Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2; BetrVG § 102 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Urteil vom 29.07.1999; Aktenzeichen 3 Ca 1954/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 29.07.1999 (3 Ca 1954/98) wird einschließlich der Klageerweiterung vom 14.04.2000 zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu fragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 23.595,01 DM = 12.063,94 EUR festgesetzt
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung, über die Frage der Weiterbeschäftigung und hilfsweise Wiedereinstellung.
Die Beklagte ist eine Fleischwarenfabrik. Sie ist ein Großhandelsunternehmen. Bei ihr war der am 01.01.1960 geborene, verheiratete Kläger, der drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, seit dem 23.10.1990 als Hilfsarbeiter zu einem Stundenlohn von zuletzt 18,15 DM brutto in der 37,5-Stunden-Woche beschäftigt. Mit Schreiben vom 08.10.1998, in welchem sie die Fehlzeiten des Klägers vom 23.03.1992 bis zum 07.10.1998 mit dem Bemerken aufgelistet hat, daß sie in der Vergangenheit Lohnzahlungen in Höhe von 50.740,72 DM erbracht habe, hat sie den Betriebsrat um Zustimmung zu einer ordentlichen fristgerechten Kündigung des Klägers ersucht. Der Betriebsrat hat mit Schreiben vom 08.10.1998 der Kündigung nicht zugestimmt. Mit Schreiben vom 09.10.1998 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.01.1999 gekündigt.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Klage vom 27.10.1998 zur Wehr gesetzt.
Er hat sich darauf berufen, daß die aufgetretenen Erkrankungen größtenteils ausgeheilt seien. Darüber hinaus sei die Arbeitsumgebung ursächlich für eine Reihe von Erkrankungen. So sei er im Bereich der Spüle eingesetzt, in der deutlich wärmere Umgebungstemperaturen vorherrschen als im Bereich des Kühlhauses, in welchem er ebenso arbeite. Der häufige Wechsel zwischen diesen Temperaturbereichen sei mitursächlich für die Erkrankungen. Der Betriebsrat habe mehrfach erfolglos interveniert, daß ein häufiger Wechsel in diesen Arbeitsbereichen zu einer häufigeren Krankheit führe, als wenn dies vermieden werden könne. Die Betriebsratsanhörung mangele an der Tatsache, daß dem Betriebsrat die unfallbedingten Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht im einzelnen mitgeteilt worden seien. Es sei nicht Aufgabe des Betriebsrats, sich die in den vorigen Jahren vorgelegten Unfallberichte selbst herauszusuchen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 09.10.1998, Zugegangen am 09.10.1998, zum 31.01.1999 beendet wird und
falls er mit dem Feststellungsantrag obsiegt, die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Hilfskraft weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Betriebsrat habe von jeder Unfallmeldung eine Kopie erhalten. Unzutreffend sei, daß der Kläger häufig wechselnd arbeiten müsse. So sei er morgens bis zur Frühstückspause im Versand tätig, erst nach der Frühstückspause werde er an der Spüle eingesetzt. Am jeweiligen Tage werde er dann – mit Ausnahme einzelner Tage – nicht mehr im Versand beschäftigt. Im übrigen stünde ihm für die Arbeiten im Kühlhaus eine Thermojacke zur Verfügung.
Das Arbeitsgericht hat bezüglich der Erkrankungen des Klägers, der ärztlichen Untersuchungen, der Therapiemaßnahmen, der Zukunftsprognose, der Frage der Wiedergenesung und der eventuell zu erwartenden künftigen Fehlzeiten Beweis erhoben durch Einholung ärztlicher Auskünfte. Auf die Antwortschreiben des Dr. M3. vom 21.06.1999 und der D7. W1. und R3. vom 29.06.1999 wird Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Bocholt hat durch Urteil vom 29.07.1999 (3 Ca 1954/98), auf welches wegen der Fehlzeiten des Klägers und der Darstellung des Sachverhalts im übrigen vollinhaltlich Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 14.550,20 DM festgesetzt.
Gegen das ihm am 20.08.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.09.1999 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 17.12.1999 am 13.12.1999 begründet.
Er hält das angefochtene Urteil für rechtsfehlerhaft. Entgegen der Wertung des Arbeitsgerichts habe Dr. M3. die Zukunftsprognose für relativ gut gehalten. Soweit das Arbeitsgericht meine, diese Formulierungen des Arztes könnten nicht überzeugen, da der Arzt zu diesem Zeitpunkt die Ursache der Krankheit nicht sicher habe abklären können, übersähe es, daß es Sache des Arbeitgebers sei, den Beweis für das Vorliegen einer negativen Zukunftsprognose zu führen, wenn der Arbeitnehmer zuvor dargetan habe, weshalb mit einer baldigen Genesung zu rechnen sei. Im übrigen hätten die von Dr. M3. behandelten Magen- und Darmerkrankunge...