Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusätzliche Urlaubsvergütung in der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie. Auslegung der Tarifbestimmung zum einheitlichen Zahlungszeitpunkt
Leitsatz (amtlich)
Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien den Betriebsparteien durch eine Öffnungsklausel in § 14 Ziff. 1 Abs. 3 EMTV die Möglichkeit eröffnet haben, die tarifliche zusätzliche Urlaubsvergütung zu einem festen Stichtag "en-bloc" zu gewähren, hebt die strenge Akzessorietät der zusätzlichen Urlaubsvergütung zum Urlaubsentgelt gem. § 14 Ziff. 1 Abs. 1, 2 EMTV nicht auf.
Normenkette
EMTV § 14 Nr. 1 Abs. 3, 1-2, § 11 f., §§ 11, 14 Nrn. 1-3; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 14.12.2016; Aktenzeichen 9 Ca 2939/16) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 14.12.2016 - 9 Ca 2939/16 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch über die Höhe des für 2016 zu zahlenden zusätzlichen Urlaubsgeldes für neun im März 2016 genommene Urlaubstage.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Diplom-Ingenieur tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der metallverarbeitenden Industrie NRW Anwendung unter anderem der Einheitliche Manteltarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 18. Dezember 2003 (im Folgenden EMTV). Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers betrug bis zum 31.03.2016 40 Stunden in der Woche. Gemäß § 3.3 Abs. 4 des einheitlichen Manteltarifvertrages in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (EMTV) wurde diese Arbeitszeit ab dem 01.04.2016 auf 35 Stunden in der Woche verringert.
Die Urlaubsvergütung bestimmt sich nach § 14 EMTV. Dort heißt es:
Urlaubsvergütung
1. Den Beschäftigten und Auszubildenden wird während des Urlaubs das regelmäßige Arbeitsentgelt/ die regelmäßige Ausbildungsvergütung weitergezahlt (berechnet nach § 16).
Sie erhalten darüber hinaus eine zusätzliche Urlaubsvergütung, die bei 30 Urlaubstagen gemäß § 13 Nr. 1 je Urlaubstag 2,4 % des monatlichen regelmäßigen Arbeitsentgelts/der regelmäßigen Ausbildungsvergütung ausmacht. In Fällen des § 13 Nr. 4 ist der Prozentsatz wertgleich anzupassen.
Berechnungsgrundlage der zusätzlichen Urlaubsvergütung sind die festen Entgeltbestandteile des laufenden Monats zuzüglich des Monatsdurchschnitts der gemäß § 16 Nr. 1 zu berücksichtigenden variablen Entgeltbestandteile der letzten sechs abgerechneten Monate.
2. Die Urlaubsvergütung ist auf Wunsch des/der Beschäftigten/Auszubildenden vor Antritt des Urlaubs zu zahlen, sofern der Urlaub mindestens zwei Wochen umfasst. Statt der Urlaubsvergütung kann ein entsprechender Abschlag geleistet werden. Fällt ein Zahlungstermin für Entgelt oder Ausbildungsvergütung in die Urlaubszeit, so ist das Entgelt oder die Ausbildungsvergütung auf Wunsch des/der Beschäftigten/Auszubildenden vor Beginn des Urlaubs auszuzahlen. Stattdessen kann ein entsprechender Abschlag geleistet werden.
3. Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann festgelegt werden, dass die zusätzliche Urlaubsvergütung für das gesamte Urlaubsjahr spätestens mit der Abrechnung für den Monat Juni, bei Eintritt im Laufe des Urlaubsjahres mit der Abrechnung für den Monat Dezember ausgezahlt wird. Steht dem/der Beschäftigten/Auszubildenden bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis ein anteiliger Urlaubsanspruch zu, kann die zu viel gezahlte zusätzliche Urlaubsvergütung zurückgefordert werden.
Bei der Beklagten besteht eine Betriebsvereinbarung vom 20.12.2005 gemäß § 14 Ziffer 3 EMTV, mit der der Auszahlungszeitraum für das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld auf Mai eines jeweiligen Jahres festgelegt wird.
Der Kläger hat im März 2016 neun Urlaubstage genommen. Mit der Abrechnung für den Monat Mai 2016 erhielt der Kläger das Urlaubsgeld für das gesamte Jahr 2016 berechnet auf Basis einer 35-Stunden-Woche. Dadurch erhielt der Kläger für die neun im März in Anspruch genommenen Urlaubstage im Mai ein Urlaubsgeld, das um 199,44 € brutto niedriger ausfiel als bei Berechnung des Urlaubsgeldes auf Basis der im März 2016 geltenden 40-Stunden-Woche. Die Berechnung der Forderung durch den Kläger ergibt sich aus seiner E-mail vom 13.07.2016 (Bl. 14 der Akte), mit der der Kläger die Differenz des Urlaubsgeldes i.H.v. 199,40 € brutto vergeblich geltend gemacht hat.
Mit seiner bei Gericht am 27.07.2016 eingegangenen Klage verfolgte der Kläger seinen Anspruch weiter und erweiterte diese zunächst noch um die Zahlung einer weiteren zusätzlichen Urlaubsvergütung für die ab Juli 2016 genommenen Urlaubstage aufgrund der zum 01.07.2016 in Kraft getretenen Tariflohnerhöhung.
Er hat die Auffassung vertreten, die Urlaubsvergütung für März 2016 sei auf Basis einer 40-Stunden-Woche abzurechnen und zu vergüten. Aufgrund der Akzessorietät zwischen der Inanspruchnahme des Urlaubs und der dafür zu zahlenden zusätzlichen Urlaubsvergütung nach § 14 Ziff. 1 Abs.2 MTV sei die ...