Entscheidungsstichwort (Thema)
Mobbing. Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Leitsatz (redaktionell)
1. Mobbinghandlungen sind fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen am Arbeitsplatz gegenüber einzelnen Mitarbeitern zur Erreichung von Zielen, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt sind und die jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Mobbingopfers verletzen.
2. In einem Prozess auf Schmerzensgeld wegen Mobbings trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsgutverletzung und den eingetretenen Schaden. Das gilt sowohl hinsichtlich der behaupteten einzelnen Vorfälle als auch hinsichtlich des Vorliegens einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung oder Rechtsgutverletzung sowie des Kausalzusammenhangs zwischen den geschilderten Verhaltensweisen und der Rechtsgutverletzung.
Normenkette
BGB § 253 Abs. 2, § 823
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 03.04.2006; Aktenzeichen 6 (2) Ca 2985/05) |
Tenor
1) Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 03.04.2006 – 6 (2) Ca 2985/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2) Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Schmerzensgeldanspruch der Klägerin.
Die am 21.01.13xx geborene Klägerin war seit dem 01.06.1999 bei der Beklagten als „Maschinenarbeiterin (Abtlg. Bearbeitung)” beschäftigt. Der Klägerin ist ein Grad der Behinderung (GdB) vom 40 zuerkannt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 01.06.1999/09.07.1999 zugrunde, wonach die jeweiligen tariflichen Bestimmungen der nordrhein-westfälischen Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie zur Anwendung kommen. Auf die zur Akte gereichte Kopie des Arbeitsvertrages (Bl. 31, 32 d.A.) wird Bezug genommen. Ihre zuletzt bezogene monatliche Bruttovergütung lag bei 2.183,05 EUR.
Bei der Beklagten, die einen Schmiedebetrieb mit überwiegend männlicher Belegschaft unterhält, ist ein Betriebsrat gewählt, in den die Klägerin im März 2002 gewählt wurde. Das Betriebsratsamt legte die Klägerin zum 31.08.2003 nieder.
Unter dem 08.06.2003 verfasste die Klägerin einen Brief, gerichtet an den Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschaft der Beklagten, Herrn H1xxx K1xxxx. Diesem Schreiben fügte die Klägerin eine Broschüre zum Thema „Mobbing” bei und erläuterte sowohl ihre Vorstellungen von einem guten Betriebsklima als auch ihre Motivation, bei der Beklagten zu arbeiten. Außerdem beschrieb sie Probleme in der Zusammenarbeit mit näher bezeichneten Arbeitnehmern, die von diesen ausgehen würden. Herr D2xxxxxx habe ihr einmal vorgehalten, ob sie ihm wegen ihrer Verbesserungsvorschläge den Job streitig machen wolle. Außerdem habe Herr D2xxxxxx sie gefragt, ob sie kündigen wolle, als sie ein Zwischenzeugnis verlangt habe. Von Herrn W3xxxx, der den Meister D2xxxxxx in dessen Urlaub vertrat, habe sie keine ordentlichen Auskünfte auf Fragen erhalten. Einmal habe Herr W3xxxx sie sogar angerempelt. Außerdem habe sich Herr W3xxxx nicht am Geschenk der Kollegen zur Hochzeit der Klägerin beteiligt. Als die Klägerin „einen ausgegeben” habe, habe sie eine Kollegin gefragt, ob sie im Namen der Klägerin Herrn W3xxxx nicht etwas rüber bringen könne. Die Kollegin habe das abgelehnt. Außerdem schilderte die Klägerin, dass sie von Herrn J1xxx bedroht, beschimpft und erpresst worden sei. Einer Kollegin habe sie sich deswegen anvertraut. Diese habe es der nächsten weiter erzählt. Wegen der Einzelheiten des Anschreibens vom 08.06.2003 wird auf die Kopie Bl. 37 ff d.A. Bezug genommen.
Am 17.06.2003 kam es auf Initiative der Klägerin zu einem persönlichen Gespräch zwischen der Klägerin und Herrn K1xxxx, an dem auch der Ehemann der Klägerin teilnahm.
Nach diesem Gespräch erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig und nahm anschließend in der Zeit vom 06.08. bis 03.09.2003 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme der damaligen L5x W6xxxxxxx teil. Im ärztlichen Entlassungsbericht sind als Diagnosen aufgeführt: „Chron. Zervikobrachialgie, Rez. Lumboischialgien, Angst + Depression gemischt, Nikotinabhängigkeit, Rhizarthrosen bds.”, die unter der weiteren Rubrik „7. Rehabilitationsdiagnosen und -Ziele” um die weiteren Diagnosen „Supinations-Trauma rechtes Oberes Sprunggelenk u. Leichte Hypercholesterinämie” ergänzt wurden. Im Entlassungsbericht heißt es u.a. weiter:
10. Sozialmedizinische Epikrise
Frau S1xxxxx befindet sich in ungekündigtem Arbeitsverhältnis in einem Schmiedebetrieb in P1xxxxxxxxx als Maschinen- und Montagearbeiterin mit 35 Wochenstunden. Sie siehr sich nach Beendigung des Heilverfahrens wieder in der Lage, ihre berufliche Tätigkeit fortzusetzen.
Sie wird deshalb ärztlicherseits auch arbeitsfähig entlassen.
Das berufsbezogene Leistungsbild der Patientin ist bei Entlassung nicht beeinträchtigt. Allerdings fürchtet sie bei Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit eine erneute rasche Verschlechterun...