Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 27.04.1995; Aktenzeichen 6 Ca 3116/94) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.04.1995 – 6 Ca. 3116/94 – wird kostenfällig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine von der Beklagten vorgenommene Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf einen übertariflichen Vergütungsbestandteil.
Die Beklagte beschäftigt in ihrem Matratzenunternehmen 48 Mitarbeiter. Der Kläger ist dort seit dem 02.04.1979 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende der Polstermöbel- und Matratzenindustrie für das Land NW Anwendung. Für den vorliegenden Streitfall sind hier der Manteltarifvertrag vom 22.05.1992, gültig ab 01.01.1992 und der Lohntarifvertrag vom 21.02.1994, gültig ab 01.01.1994 von Bedeutung.
Der Kläger ist in die Lohngruppe 3 des einschlägigen Lohntarifvertrages eingruppiert. Im ersten Quartal 1994 erhielt er einen Stundenlohn von 20,19 DM brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden. Der maßgebliche Tarifstundenlohn betrug zu dieser Zeit 16,32 DM brutto.
Zum 01.04.1994 sah der erwähnte Manteltarifvertrag eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich vor. Gleichzeitig bestimmte der Lohntarifvertrag vom 21.02.1994 eine Lohnerhöhung. Die als Bestandteil des Lohntarifvertrages eingearbeitete Lohntafel ergab – unter Einbeziehung der Arbeitszeitverkürzung – nunmehr einen Tarifstundenlohn von 17,11 DM brutto für den Kläger.
Die Beklagte rechnete die (reine) Lohnerhöhung auf den übertariflichen Lohnbestandteil von bislang 3,87 DM brutto an und zahlte ab 01.04.1994 einen Stundenlohn von 20,75 DM brutto.
Der Kläger vertritt die Auffassung, daß der übertarifliche Lohnbestandteil von 3,87 DM nicht anrechenbar sei und ihm erhalten bleiben müsse, so daß sein neuer Stundenlohn ab dem 01.04.1994 20,98 DM betrage.
Mit seiner am 15.06.1994 vor dem Arbeitsgericht Dortmund erhobenen Klage hat der Kläger eine Stundenlohndifferenz von 0,23 DM für den Monat April 1994 für abgeleistete 149,5 Stunden nachgefordert. Er hat geltend gemacht, daß die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung der Tariflohnerhöhung sowohl individualrechtlich wie auch im Hinblick auf das verletzte Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unwirksam sei.
Was den ersteren Gesichtspunkt angehe, so handele es sich bei dem bisherigen übertariflichen Lohnbestandteil von 3,87 DM um eine feste Betriebstreue- bzw. Leistungszulage, die durch eine einseitig vorgenommene Anrechnung nicht beseitigt oder vermindert werden könne.
Was den kollektivrechtlichen Aspekt angehe, so scheitere die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung an der nicht erfolgten Beteiligung des Betriebsrats. Die Verteilgrundsätze der übertariflichen Lohnbestandteile hätten sich nämlich, wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 02.11.1994 im einzelnen begründet hat, geändert. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei eine solche Anrechnung nicht mitbestimmungsfrei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 34,39 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 10.05.1994 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat in Abrede gestellt, daß es sich bei dem übertariflichen Lohnbestandteil um eine feste individuell vereinbarte Lohnzulage handle. Der übertarifliche Lohnbestandteil habe sich bis 1985 nämlich laufend geändert. Ab 1985 habe dieser Lohnanteil bis zum 31.03.1994 3,87 DM betragen. Bei Tariflohnerhöhungen sei immer nur der tarifliche Anteil der Vergütung geändert worden.
Zu Unrecht bemängele der Kläger die fehlende Mitbestimmung des Betriebsrats bei der zum 01.04.1994 erfolgten Anrechnung. Die von ihr vorgenommene Anrechnung sei nämlich mitbestimmungsfrei gewesen, weil die reine Tariflohnerhöhung von 2 % bei allen Mitarbeitern im vollen Umfang aufgesogen worden sei. Es habe sich daher gar kein Gestaltungsspielraum für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ergeben. Die indirekte Lohnerhöhung von ca. 2,8 %, die in der Verkürzung der Wochenarbeitszeit unter vollem Lohnausgleich liege, sei auf den Effektivverdienst der Mitarbeiter weitergegeben worden.
Das Arbeitsgericht Dortmund hat durch sein am 27.04.1995 verkündetes Urteil nach dem Klageantrag erkannt und die Berufung zugelassen.
In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, daß die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf dem übertariflichen Lohnbestandteil nicht wirksam sei, weil die Beklagte das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt habe. Bei der Maßnahme habe es sich nämlich um eine kollektive Maßnahme auf dem Gebiet der betrieblichen Lohngestaltung gehandelt. Wie der Kläger nachgewiesen habe, sei durch die Anrechnung der prozentuale Verteilungsschlüssel der übertarifliche...