Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedarfsarbeitsverhältnis eines Fleischuntersuchers. Keine konkludente Vertragsänderung aus tatsächlich gelebtem Arbeitsverhältnis heraus
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Arbeitsverhältnis eines Fachuntersuchers Fleisch fällt nicht unter den TVöD-VKA, sondern den TV Fleischuntersuchung.
2. Ein Anspruch auf Vollzeit ist nicht gegeben; die Parteien haben ein Bedarfsarbeitsverhältnis begründet, das auch nicht konkludent geändert worden ist.
Normenkette
ZPO § 256 Abs. 1; BGB § 242; ZPO § 97 Abs. 1; TVöD-VKA § 1 Abs. 2; TV Fleischuntersuchung
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 13.08.2020; Aktenzeichen 7 Ca 707/20) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.08.2020 - 7 Ca 707/20 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob auf ihr Arbeitsverhältnis der zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13.09.2005 in der jeweils gültigen Fassung (fortan: TVöD-VKA) Anwendung findet.
Der Kläger ist seit dem 21.02.2014 bei dem Beklagten als amtlicher Fachassistent in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung/Trichinenuntersuchung beschäftigt. Der Beklagte ist als zuständige Behörde dafür verantwortlich, dass bei den Schlachtbetrieben im Landkreis die gesetzlich vorgeschriebene Schlachttier- und Fleischuntersuchung ordnungsgemäß durchgeführt wird.
Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses schlossen die Parteien am 19.02.2014 einen befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 11 ff. GA), nach dessen Inhalt der Kläger als "Vollbeschäftigter" eingestellt wurde und sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des TVöD-VKA richten sollte. Am 09.09.2014 schlossen die Parteien einen neuen, unbefristeten Arbeitsvertrag (Bl. 14f. GA), der auszugsweise lautet:
"§ 1
Herr A wird mit Wirkung vom 10.09.2014 auf unbestimmte Zeit als amtlicher Fachassistent in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung/Trichinenuntersuchung eingestellt (Einsatz im Bedarfsfall).
...
§ 4
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Beschäftigten in der Fleischuntersuchung (TV-Fleischuntersuchung) vom 15. September 2008 und den ergänzenden, ändernden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung."
Der Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Beschäftigten in der Fleischuntersuchung vom 15.09.2008 (fortan: TV Fleischuntersuchung) lautet auszugsweise:
"§ 1 Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für nicht vollbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Beschäftigte), die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist und die bei Schlachtungen im Inland in der Schlachttier-, Fleisch- und Trichinenuntersuchung, der BSE-Probenentnahme sowie der Hygieneüberwachung in Schlacht-, Zerlege-, Be- oder Verarbeitungsbetrieben oder in Kühlhäusern tätig sind.
(2) Dieser Tarifvertrag findet auf die in Absatz 1 genannten Beschäftigten keine Anwendung, wenn mit ihnen arbeitsvertraglich die Anwendung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 vereinbart ist oder auf sie der TVöD aufgrund Überleitung aus dem Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 (BAT) oder aus dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) Anwendung findet.
...
§ 5 Arbeitszeit
Die Arbeitszeit der/des Beschäftigten richtet sich nach dem Arbeitsanfall und wird vom Arbeitgeber geregelt.
...
§ 6 Besondere Regelungen zur Arbeitszeit inGroßbetrieben
(1) In Großbetrieben werden die Beschäftigten durchschnittlich wöchentlich 10 Stunden zur Arbeit herangezogen, soweit im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist. Die/Der Beschäftigte ist in diesem Umfang zur Arbeitsaufnahme verpflichtet, wenn der Arbeitgeber dies dem Beschäftigten mindestens 2 Tage vorher und die Uhrzeit der Arbeitsaufnahme am Vortag spätestens bis 15:00 Uhr mitgeteilt hat. Die tägliche Arbeitszeit hat an solchen Einsatztagen mindestens 2 Stunden zu betragen. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zulegen. Der Arbeitgeber ist ferner berechtigt, bis zu 25 v.H. der Arbeitszeit nach Satz 1 zusätzlich abzurufen. Darüber hinaus ist eine weitere Heranziehung im Einvernehmen mit der/dem Beschäftigten nach § 5 jederzeit möglich. Die möglichst gleichmäßige Heranziehung zur Arbeitsleistung wird vom Arbeitgeber geregelt."
Der TVöD-VKA lautet auszugsweise:
"§ 1
Geltungsbereich
(1) Die nachfolgenden Regelungen gelten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - nachfolgend Beschäftigte genannt -, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedve...