Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines ehemaligen Bergmanns auf Lieferung von Deputatkohle
Leitsatz (redaktionell)
Ein ehemaliger Bergmann hat heute keinen Anspruch mehr auf Lieferung von Deputatkohle, nachdem die Tarifparteien durch Tarifvertrag den Anspruch auf Hausbrandkohle durch die Gewährung einer Energiebeihilfe abgelöst haben.
Normenkette
TV zur Änderung des MTV für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus Fassung: 2015-04-29; Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 10.11.2015; Aktenzeichen 2 Ca 1459/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 10.11.2015 - 2 Ca 1459/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Deputatkohle.
Der Kläger war seit 1953 bei verschiedenen Arbeitgebern als Bergmann tätig. Nach einer Unterbrechung von 1966 bis 1977 aus gesundheitlichen Gründen kehrte er in den Bergbau zurück und schied am 31.08.1987 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bergbau AG O, Werksdirektion Q, aus der aktiven Tätigkeit aus. Am 11.07.1980 wurde dem Kläger ein Bergmannsversorgungsschein erteilt.
Die Beklagte und deren Rechtsvorgängerin wandten auf das Arbeitsverhältnis den Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Rheinisch-Westfälischen Steinkohlenbergbaus (im Folgenden: MTV) an. Dort regelt § 54 MTV, dass den nach dem 01.05. 1953 ausgeschiedenen Arbeitern ein Hausbrandbezugsrecht nach Anlage 7 des MTV zusteht. Hiernach erhalten sowohl Empfänger von Bergmannsrenten als auch Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins, die weniger als 25, aber mindestens 20 Jahre im Deutschen Steinkohlenbergbau, davon zuletzt mindestens 5 Jahre bei Mitgliedern des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau beschäftigt waren, Hausbrandkohlen auf Antrag. Der Anspruch beläuft sich auf 2,5 t pro Jahr.
Seit 1981 gewährten die Rechtsvorgängerin der Beklagten und später die Beklagte den insoweit Bezugsberechtigten zusätzlich 2 t Hausbrandkohlen jährlich zu einem verbilligten Landabsatzabgabepreis. Grundlage war eine Empfehlung des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau vom 05.06.1981 (Bl. 94 d.A.).
Schließlich erhielten aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschiedene Arbeiter und deren Witwen 1 t Kohle zusätzlich bei Vorliegen gesundheitlicher Einschränkungen.
Bereits seit 1952 bestand die Wahlmöglichkeit, anstelle von Versorgung mit Kohle eine finanzielle Beihilfe in Anspruch zu nehmen; mit Tarifvertrag vom 13.04.1976 als Energiebeihilfe bezeichnet. Jährlich wurde die Höhe der Energiebeihilfe pro Tonne Kohle durch die Tarifvertragsparteien festgelegt. Seit dem 01.07.1997 stagniert die Höhe und beträgt derzeit 126,29 € abzüglich 4,09 € pro Tonne, in Summe 122,20 € /Tonne.
Durch Tarifvertrag vom 29.04.2015 wurde zu § 54 MTV aufgenommen die Anlage 7a, wirkend zum 01.05.2015. Seitdem gilt:
"Ab dem 01.01.2019 entfällt der Anspruch auf Hausbrandkohlen. Anstelle von Hausbrandkohlen erhalten alle Anspruchsberechtigten Energiebeihilfe nach den weiter anzuwendenden Regelungen der Anlage 7.
Die Ansprüche auf Energiebeihilfe nach Anlage 7 II (Ausgeschiedene) können durch den Arbeitgeber oder sonst Leistungsverpflichteten gemäß der Tabelle abgefunden werden.
Die Abfindungshöhe berechnet sich nach der Höhe des individuellen Anspruchs auf Energiebeihilfe und dem Lebensalter im Jahr der Auszahlung der Abfindung sowie einer bestehenden bzw. nicht bestehenden Hinterbliebenenabsicherung.
Die Abfindung wird in dem Kalenderjahr ausgezahlt, in dem keine anderen Leistungen der Anlage 7 bezogen worden sind."
Die Höhe der Abfindung ergibt sich aus den Anhängen 1 und 2 zur Anlage 7a des Tarifvertrags (Bl. 32, 33 d.A.). Die dortige Tabelle legt zugrunde einen Betrag pro Tonne von 122,20 EUR und eine Überlebenswahrscheinlichkeit der Bezugsberechtigten nach den "Richttafeln 2005G". Auf eine Rentendynamik wurde verzichtet. Für die Rentner bzw. Rentnerinnen ab 88 bzw. ab 85 wurde von einer weiteren Absenkung des Wertes trotz abnehmender Überlebenswahrscheinlichkeit abgesehen. Zudem wurde der sich ergebende fiktive Wert abgezinst. Für weitere Einzelheiten wird auf Bl. 50 d. A. verwiesen.
Zudem hat Beklagte angekündigt, die Deputatleistungen einzustellen, somit auch die Belieferung mit verbilligter oder aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen gewährter Kohle.
Der Kläger hat in seiner am 11.08.2015 eingereichten Klage die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Deputatkohle um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele, in die nicht mehr eingegriffen werden dürfe. Die Beklagte werde die Förderung nicht einstellen, sondern über verbundene Unternehmen weiterhin über Kohle verfügen. Im Übrigen müsse sie jedenfalls die Kohle zur Bedienung des Deputatanspruches beschaffen. In jedem Fall sei die Abfindung im Hinblick auf den Wert einer Tonne Kohle/des Verkaufspreises derselben viel zu niedrig angesetzt. Er habe zudem...