Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung von Ansprüchen eines Leiharbeitnehmers aus § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG. Tarifverträge der CGZP
Leitsatz (redaktionell)
Ansprüche eines Arbeitnehmers können verjähren. Auf eine Kenntnis vom Anspruch durch den Arbeitnehmer kommt es insoweit nicht an.
Normenkette
AÜG § 10 Abs. 4 Sätze 1, 9 Nr. 2; BGB § 199 Abs. 1; AÜG § 9 Nr. 2; BGB §§ 199, 214 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 15.07.2011; Aktenzeichen 1 Ca 2297/11) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.07.2011 - 1 Ca 2297/11 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Arbeitsbedingungen nach dem equal-pay-Gebot des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG.
Der Kläger war in der Zeit vom 11.07.2006 bis zum 31.01.2008 als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten, die ein Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung betreibt, bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 35 Stunden beschäftigt.
Grundlage der Beschäftigung war ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 07.07.2006, der in Ziffer 2 folgende Regelung vorsah:
"Tarifvertrag
2. Es gelten die von der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und J1 GmbH abgeschlossenen Mantel-, Entgelt- und Entgeltrahmentarifverträge vom 01.12.2004 in der jeweils geltenden Fassung, im folgenden MTV, ETV und ERTV genannt."
Der Kläger erhielt von der Beklagten in der Zeit vom 11.07. bis zum 31.12.2006 eine Stundenvergütung in Höhe von 6,12 € brutto, in der Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2007 in Höhe von 6,80 € brutto und in der Zeit vom 01.04.2007 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses in Höhe von 6,90 € brutto.
Mit der vorliegenden, unter dem 14.03.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht der Kläger Ansprüche auf Differenzzahlungen zwischen gewährter Vergütung und Vergütung von Stammarbeitnehmern in den Entleiherbetrieben geltend.
Er hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Nachzahlung, weil der im Arbeitsvertrag in Bezug genommene Tarifvertrag der CGZP infolge derer Tarifunfähigkeit nichtig sei.
Ein Vertrauensschutz in die Tariffähigkeit bestehe dabei nicht.
Auch Ausschlussfristen ständen dem Nachzahlungsanspruch nicht entgegen; die im in Bezug genommenen Manteltarifvertrag vereinbarte Ausschlussfrist sei unwirksam, da der gesamte Tarifvertrag nichtig sei, die in Ziffer 16 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist sei wegen unangemessener Kürze gleichfalls unwirksam.
Sein Anspruch sei auch nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist erst mit Vorliegen der Entscheidungsgründe zum Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom14.12.2010 im März 2011 oder frühestens mit Veröffentlichung der Entscheidung am 14.12.2010 hinsichtlich der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP begonnen habe. Vorher sei die subjektive Voraussetzung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht erfüllt gewesen.
Für den Beginn der Verjährungsfrist komme es darauf an, ob der Betroffene aufgrund der ihm bekannten Tatsachen mit einigermaßen sicherer Aussicht auf Erfolg Klage erheben könne, die Klageeinreichung müsse ihm also zumutbar sein. Im vorliegenden Fall seien die rechtlichen Voraussetzungen jedoch völlig unklar; unklar sei für ihn insbesondere gewesen, ob die CGZP tariffähig gewesen sei. Diese Frage stehe aber vollkommen außerhalb der Rechtsbeziehung von Arbeitnehmer und Arbeitgeberin. Er habe diese Frage wegen § 97 Abs. 5 ArbGG auch nicht selbst klären lassen können.
Zudem könne der Verjährungsbeginn ausnahmsweise auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein, wenn die Rechtslage so unübersichtlich oder zweifelhaft sei, dass selbst ein rechtskundiger Dritter sie nicht einzuschätzen vermöge.
Erst jetzt, nachdem die Gründe der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 vorlägen, könne mit Aussicht auf Erfolg auf Zahlung nach § 10 Abs. 4 AÜG geklagt werden.
Hinsichtlich der Höhe der Forderung ist der Kläger von einem anzusetzenden Tarifstundenlohn für Hilfstätigkeiten in Höhe von 12,52 € ausgegangen, soweit er in Betrieben der Metallindustrie eingesetzt gewesen sei; in der Zeit vom 12.06. bis zum 03.08.2007 sei er im Baunebengewerbe eingesetzt gewesen, dort habe der Mindestlohn 10,70 € betragen.
Insgesamt errechnet der Kläger für die Zeit vom 11.07.2006 bis 31.12.2006 Nachzahlungsansprüche in Höhe von 5.481,66 € bei geleisteten 856,51 Stunden, für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2007 in Höhe von 2.394,68 € bei geleisteten 418,65 Stunden, für die Zeit vom 01.04. bis zum 11.06.2007 in Höhe von 1.607,32 € bei geleisteten 286 Stunden, für die Zeit vom 12.06. bis zum 03.08.2007 722,-- € bei 190 geleisteten Stunden und schließlich für die Zeit vom 04.08.2007 bis zum 22.11.2007 einen Betrag in Höhe von 2.975,79 € bei geleisteten 529,5 Stunden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.181,4...