Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe aufgrund einer Nachprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein formal ordnungsgemäß durchgeführtes Nachprüfungsverfahren gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO) ist Voraussetzung für eine Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO a. F. (= § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

2. Dazu ist grundsätzlich die Zustellung der Aufforderung an die Partei, sich über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, an den Prozessbevollmächtigten der Partei erforderlich, wenn dieser sie bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat.

3. Ein formal ordnungsgemäß durchgeführtes Nachprüfungsverfahren liegt auch dann vor, wenn durch das Arbeitsgericht an die Abgabe einer erneute Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erinnert und diese Erinnerung vor dem Aufhebungsbeschluss dem Prozessbevollmächtigten zugestellt wird.

4. Eine Partei, welche vor dem 1. Januar 2014 Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist im Nachprüfungsverfahren aufgrund der gemäß § 40 Satz 1 EGZPO bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Vorschriften nicht verpflichtet, den amtlichen Vordruck zur Abgabe der Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. zu nutzen.

5. Eine Aufhebung der Bewilligung kann trotz einer insoweit unzutreffenden Erinnerung an die Abgabe einer "erneuten" Erklärung erfolgen, wenn die Partei zuvor im automationsgestützten Verfahren zur Abgabe der Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. aufgefordert und im Rahmen des Beschwerdeverfahrens spätestens vom Beschwerdegericht hieran erfolglos erinnert wurde.

 

Normenkette

ZPO § 120a Abs. 1 S. 3; ZPO a.F. § 124 Nr. 2, § 120 Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Entscheidung vom 18.12.2013; Aktenzeichen 1 Ca 690/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 18. Dezember 2013 (1 Ca 690/12) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 gültigen Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige und als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde der Klägerin vom 30. Januar 2014 ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die bewilligte Prozesskostenhilfe wegen ungenügender Mitwirkung der Klägerin im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. gemäß § 124 Nr. 2 ZPO a. F. aufgehoben.

1. Die Aufhebung der durch Beschluss vom 18. Dezember 2013 bewilligten Prozesskostenhilfe durch die hier angefochtene Entscheidung ist nach formal ordnungsgemäßer Beteiligung der Klägerin erfolgt. Zwar ist im automationsgestützten Verfahren die Aufforderung, sich über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, der Klägerin lediglich formlos übersandt und nicht ihren Prozessbevollmächtigten zugestellt worden. Entsprechendes gilt für die unter dem 22. Mai 2013 und 18. Juli 2013 erfolgten Erinnerungen des Arbeitsgerichts.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2013, welches den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am selben Tage zugestellt worden ist, wurden diese dann vom Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine erneute Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trotz der Erinnerung nicht abgegeben hatte, und zugleich aufgefordert, nunmehr diese Auflage binnen eines Monats zu erledigen. Die Zustellung einer solchen Erinnerung, mit der unter Fristsetzung die Auflage erteilt wird, eine "erneute" Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen, ist ausreichend, um die Voraussetzungen zu erfüllen¸ die an ein ordnungsgemäßes Verfahren, das zur Aufhebung einer bewilligten Prozesskostenhilfe führen soll, zu stellen sind.

a) Zwar ist grundsätzlich bereits die erste Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO), nämlich sich über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, nicht an die Partei selbst, sondern an deren Prozessbevollmächtigten zuzustellen, wenn dieser sie bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (vgl. LAG Hamm, 5. Juli 2013, 5 Ta 254/13, [...]; 30. September 2013, 14 Ta 160/13, [...] jeweils m. w. N.). Das hat zur Folge, dass die formlose Übersendung im automationsgestützten Verfahren und dieser nachfolgende formlose Erinnerungen an die Abgabe der Erklärung nicht ausreichen, um das Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 2 ZPO a. F. (= § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) ordnungsgemäß durchzuführen. Fehlt es an einer Zustellung der Aufforderung, ist die Aufhebung der Bewilligung zu Unrecht erfolgt. Nicht zuletzt im Hinblick auf die nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO) nur zeitlich begrenzt für vier Jahre nach rechtskräftiger Entscheidung oder sonstige...

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