Die Revision wird für beide Parteien zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorbehaltsklausel im Formulararbeitsvertrag bezüglich übertariflicher Leistungen. Auslegung und Wirksamkeitsvoraussetzungen nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Will sich ein Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag vorbehalten, übertarifliche Leistungen einzustellen und nicht nur auf Tariflohnerhöhungen anzurechnen, so wird dies nicht hinreichend deutlich, wenn er den Vorbehalt mit einer Regelung darüber verbindet, mit welchen Tariflohnerhöhungen eine Verrechnung möglich sein soll.

2. In diesen Fällen ist von einem wirksamen Anrechnungsvorbehalt auszugehen. § 306 Abs. 2 BGB (Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion) steht dem nicht entgegen.

 

Normenkette

BGB §§ 305c, 306 Abs. 2, § 307 Abs. 1, § 308 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 22.01.2004; Aktenzeichen 3 Ca 4143/03)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 5 AZR 575/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.01.2004 – 3 Ca 4143/03 – wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.01.2004 – 3 Ca 4143/03 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Widerruf der außertariflichen Zahlungen mit Schreiben der Beklagten vom 11.04.2003 zum 01.05.2003 rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.806,68 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 5 % und die Beklagte zu 95 % zu tragen.

Der Streitwert wird auf 10.288,05 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Fortzahlung einer arbeitstäglichen Fahrtkostenerstattung in Höhe von 19,01 EUR und eines Lohnzuschlags in Höhe von 13 %. ten. Die Beklagte stellte den Kläger am 13.03.1989 unter Verwendung eines Vertragsformulars, das auf die Tarifverträge der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Bezug nimmt, „als Betriebsschlosser” zum 03.04.1989 „in der Betriebsstätte H7xx” ein. § 2 des Arbeitsvertrages lautet:

Entsprechend seiner Tätigkeit wird der Arbeitnehmer in die Stammlohngruppe 7 eingestuft.

Als Arbeitsentgelt erhält er für die Einarbeitszeit von einem Monat einen festen Stundenlohn und 15 % Prämiengarantie.

Aufgrund eines Prämiensystems (Zeitersparnisprämie) kann der vereinbarte Stundenlohn durch zusätzliche Leistung bereits im ersten Monat der Tätigkeit überschritten werden.

Nach Ablauf der Einarbeitszeit bestimmt sich der Stundenlohn aus der Summe von Prämienausgangslohn (Ecklohn) und Zeitersparnisprämie.

Darüberhinaus erhält der Arbeitnehmer einen Fahrkostenersatz in Höhe von DM … arbeitstäglich.

Die Firma behält sich vor, alle übertariflichen Bestandteile in seinem Lohn – gleich, welcher Art – bei einem Aufrücken in eine höhere Altersstufe in der Lohngruppe oder in eine höhere Tariflohngruppe teilweise oder ganz anzurechnen. Abgesehen davon hat die Firma das Recht, diese übertariflichen Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen und mit etwaigen Tariferhöhungen, oder anderen Tarifbestandteilen zu verrechnen.

Auch jede andere Leistung, die über die in den Tarifverträgen festgelegten Leistungen hinausgeht, ist jederzeit unbeschränkt widerruflich und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.”

Die Beklagte zahlte dem Kläger den monatlichen Tariflohn, einen Zuschlag in Höhe des tariflichen Montagezuschlages, einen Prämienlohn und eine Fahrtkostenerstattung.

Am 27.11.1992 vereinbarte die Beklagte mit dem Kläger wiederum unter Verwendung eines Vertragsformulars die Versetzung „zur Betriebsstätte H7xx – W4xxxx” und eine Fahrtkostenpauschale in Höhe von 35,92 DM arbeitstäglich. Mit der Lohnabrechnung für April 2003 rechnete die Beklagte als „Monatslohn” 2.137,73 EUR (1.891,83 EUR Tariflohn zuzüglich eines Zuschlages in Höhe des tariflichen Montagezuschlages von 13 % = 245,94 EUR) und als Prämienlohn 299,26 EUR ab. Das Fahrgeld betrug für 17 Tage 323,17 EUR.

Mit Schreiben vom 11.04.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie aufgrund der wirtschaftlichen Situation von dem arbeitsvertraglich vereinbarten Widerrufsvorbehalt Gebrauch mache und die freiwillig gewährte übertarifliche Zulage zum Monatsentgelt sowie die arbeitstägliche Fahrtkostenerstattung zum 01.05.2003 widerrufe.

Ferner teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 05.06.2003 mit, dass zum 01.05.2003 eine Umstellung von Prämienlohn auf Zeitlohn gemäß § 9 Lohnrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie erfolge und der Kläger ab Mai neben dem Tariflohn in Höhe von 1.891,83 EUR eine tarifliche Leistungszulage von 18 % = 340,53 EUR, insgesamt also 2.232,36 EUR erhalte, die die Beklagte im Monat Mai als „Monatslohn” abrechnete. Mit Wirkung vom 01.06.2003 zahlte die Beklagte dem Kläger aufgrund einer Tariflohnerhöhung einen Monatslohn in Höhe von 2.290,39 EUR (1.971,01 EUR Tariflohn zuzüglic...

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