Entscheidungsstichwort (Thema)
Negatives Arbeitszeitkonto. Ausgleichszeitraum
Leitsatz (amtlich)
Ausgleichszeitraum beim Arbeitszeitkonto nach § 5 MTV für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnereien und die Forstpflanzenbetriebe vom 29.04.1994 ist das Kalenderjahr.
Negative Arbeitszeitsalden aus den Vorjahren sind daher beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht vom Arbeitnehmer auszugleichen.
Normenkette
MTV für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnereien und die Forstpflanzenbetriebe vom 28.04.1994 § 5
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 01.06.2006; Aktenzeichen 1 Ca 2151/05) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 5 AZR 94/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 01.06.2006 – 1 Ca 2151/05 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung eines Lohneinbehalts wegen eines negativen Arbeitszeitkontos.
Der Kläger war vom 01.08.1999 bis zum 31.03.2005 als Gärtner in dem Gärtnereibetrieb der Beklagten beschäftigt. Er hat das Arbeitsverhältnis durch eigene Kündigung zum 31.03.2005 aufgelöst. Der Kläger erhielt zuletzt einen Bruttostundenlohn in Höhe von 11,10 EUR. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme im Arbeitsvertrag vom 02.08.1999 die Tarifverträge für den Erwerbsgartenbau in NRW Anwendung.
In Ziffer 4 des Arbeitsvertrages heißt es:
„Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden. Die tarifvertraglichen Bestimmungen zur Arbeitszeit bleiben hiervon unberührt. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten und der Pausen werden betrieblich geregelt.”
Im Manteltarifvertrag für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnerei und die Forstpflanzenbetriebe in Nordrhein-Westfalen vom 28.04.1994 (MTV) heißt es in § 5 Arbeitszeit:
„(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen beträgt 39 Stunden von Montag bis Samstag.
Eine Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 5 Tage in der Woche ist möglich.
Eine andere Verteilung der Arbeitszeit ist durch schriftliche, betriebliche Vereinbarung im Rahmen der Jahresarbeitszeit von 2036 Stunden insofern zulässig, als die wöchentliche Arbeitszeit in 8 Monaten mindestens 39 Stunden betragen muss.”
In der Zeit, in der die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden unterschritten wird, müssen mindestens 39 Stunden entlohnt werden. Die zuviel bezahlten Arbeitsstunden sind während der übrigen 4 Monate, die nicht aufeinanderfolgen müssen und in denen die Arbeitszeit variabel ist, nachzuarbeiten.”
In § 12 heißt es unter anderem:
„(9) Mehrarbeitsstunden oder zu wenig geleistete Arbeitsstunden sind bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten oder zu verrechnen. Die Mehrarbeitsstunden sind vorrangig in Freizeit auszugleichen.”
Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde von der Beklagten für den Kläger ein Arbeitszeitkonto geführt, ohne dass eine schriftliche Vereinbarung existierte. Der Kläger erhielt monatlich Journale, aus denen sich seine tägliche Sollarbeitszeit, die Istarbeitszeit inklusive Pausen ergaben.
Zu Ende März 2005 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers ein Minus von 111,56 Stunden auf. Hinzu rechnete die Beklagte 3 Stunden Urlaub, schrieb dem Kläger auf dem Arbeitszeitkonto 48 nicht genommene Urlaubsstunden gut, so dass sich insgesamt ein Saldo in Höhe von 66,56 Stunden ergab. Von den im Monat März geleisteten 177 Stunden zog die Beklagte 63,5 Stunden ab und zahlte nur 1.259,85 EUR für 113,50 Stunden aus.
Mit der beim Arbeitsgericht am 30.06.2005 eingegangenen Klage machte der Kläger die Vergütung für 63,5 Stunden geltend. Er hat die Auffassung vertreten, die Schlussabrechnung der Beklagten sei fehlerhaft. Die Abwicklung des geführten Arbeitszeitkontos dürfe nicht dazu führen, dass so viele Minusstunden aus den Jahren 2003 bis einschließlich März 2005 in die Schlussabrechnung einflössen und zu einer Reduzierung des Lohnes im März 2005 führten. Dabei könne sich die Beklagte nicht auf § 5 des Manteltarifvertrages über eine Jahresarbeitszeit und eine flexible Arbeitszeitregelung stützen, weil eine entsprechende schriftliche Vereinbarung nicht geschlossen sei. Deswegen sei die Beklagte nicht berechtigt, die aufgelaufenen Minusstunden zu verrechnen.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 704,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die von ihr durchgeführte Abrechnung des Lohnes und der Arbeitszeitstunden gemäß den tariflichen Bestimmungen ordnungsgemäß erfolgt sei. Insbesondere sei sie berechtigt gewesen, die offenen Minusstunden zu verrechnen und eine schriftliche Vereinbarung zum Arbeitszeitkonto sei nicht vonnöten gewesen, weil dem Kläger entsprechende Lohnabrechnungen und das Journal jeweils zugegangen seien. Der Kläger könne nicht restliche Vergütung für nicht geleistete Stunden verlangen, zumal er ...