Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Formularregelung "Arbeitnehmer erhält eine Vergütung in Anlehnung an den BAT VII. Umfang der Bezugnahmeregelung. Zulässigkeit der Regelung der Arbeitsbedingungen in einer Betriebsvereinbarung durch Verweisung auf einzelne Tarifnormen (u.a. tarifliche Verfallfristen) und Regelungssperre zugunsten der Tarifautonomie, § 77 Abs. 3 BetrVG. Vergütung in Anlehnung an BAT VII als dynamische Bezugnahmeklausel. Regelung der Arbeitsbedingungen in einer Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Soll der Arbeitnehmer eine Vergütung in Anlehnung an den BAT VII erhalten, handelt es sich um eine dynamische Bezugnahmeklausel; zur Annahme einer statischen Verweisung reicht das Fehlen des Zusatzes "in seiner jeweiligen Fassung" nicht aus.

2. Eine Regelung der Arbeitsbedingungen in einer Betriebsvereinbarung durch Verweisung auf einzelne Tarifnormen ist zulässig.

 

Normenkette

BGB § 611; BetrVG § 77 Abs. 3; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Entscheidung vom 05.07.2011; Aktenzeichen 3 Ca 2546/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.02.2015; Aktenzeichen 5 AZR 483/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 05.07.2011 - 3 Ca 2546/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Restvergütungsansprüche der Klägerin, wobei hauptsächlich die Frage streitig ist, ob die Beklagte zur Weitergabe der Tariflohnerhöhungen und zur Berücksichtigung der Stufenaufstiege bei der Berechnung der Vergütungshöhe verpflichtet ist.

Die Beklagte, bei der ein Betriebsrat gewählt ist, ist mit der Durchführung von Veranstaltungsaufgaben, insbesondere Tagungen, Kongressen, öffentlichen Veranstaltungen und Festen, Märkten sowie Ausstellungen und Messen befasst. Sie könnte aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Stadt M1 nach Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband NRW (KAV NW) nach § 3 Nr. 1 b der Satzung des KAV NW sein.

Die Klägerin, die mit Geburtsnamen G1 heißt, ist seit dem 22.04.2002 bei der Beklagten als Mitarbeiterin in der Telefonzentrale aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08.10.2002 beschäftigt, der u.a. folgende Regelungen enthält:

"§ 2

Frau G1 erhält eine Vergütung in Anlehnung an BAT VII.

§ 3

Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die Halle M2 jeweils gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist."

Die im § 3 des Arbeitsvertrages erwähnten Betriebsvereinbarungen enthielten seit vielen Jahren Regelungen zum Inhalt der Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer. Zuletzt schlossen die Betriebsparteien insoweit am 08.02.2001 eine Betriebsvereinbarung, die u.a. folgende Regelung enthält:

"§ 2

Anwendung von Tarifverträgen

1. Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:

A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich:

a) Angestellte (BAT)

Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 7 (Ärztliche Untersuchung), § 8 (Allgemeine Pflichten), § 9 (Schweigepflicht), § 10 (Belohnungen und Geschenke), § 11 (Nebentätigkeit), § 13 (Personalakten), § 14 (Haftung), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 37 (Krankenbezüge), § 38 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 40 (Beihilfen), § 41 (Sterbegeld), § 42 (Reisekostenvergütung), §§ 47-52 (Urlaub, Sonderurlaub, Arbeitsbefreiung), §§ 53-61 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), (§ 63 Abs. 3 findet keine Anwendung), §§ 62-64 (Übergangsgeld) und § 70 (Ausschlussfristen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT)."

Mit Schreiben vom 15.08.2005 teilte die Beklagte dem Vorsitzenden des Betriebsrates B1 u.a. folgendes mit:

"Ablösung der Tarife BAT und BMT-G durch den Tarif für den öffentlichen Dienst (TVöD)

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, sehr geehrter Herr B1,

ich möchte Sie darüber informieren, dass die Tarifwerke BAT vom 23. Februar 1961 und BMT-G vom 31.01.1962 ab dem 01.10.2005 durch den TVöD abgelöst werden. Dementsprechend werden auch wir, die in Anlehnung an BAG und BMT-G gültigen Regelungen der Betriebsvereinbarung, durch die entsprechenden Regelungen des TVöD ersetzen.

Ab dem 01.10.2005 werden die Mitarbeiter der Verwaltung und Technik der Halle M2 GmbH, die bisher in Anlehnung an den BAT oder BMT-G eingruppiert waren, in Anlehnung an den TVöD eingruppiert und entlohnt."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 15.08.2005 wird auf Bl. 193 d.A. Bezug genommen.

Am 05.10.2010 fand bei der Beklagten eine Mitarbeiterversammlung statt, auf der die Geschäftsführerin der Beklagten, Frau Dr. P1, mitteilte, dass die Mitarbeiter der Beklagten nunmehr eine Vergütung nach dem TVöD erhalten würden. Ob den Beschäftigten...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge