Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt. Vergütungsdifferenzen. Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich. Änderung des Arbeitsvertrages. konkludente Vertragsänderung. stillschweigende Zustimmungserklärung bei widerspruchsloser Weiterarbeit
Leitsatz (redaktionell)
Die widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit seitens des Arbeitnehmers nach einem Änderungsangebot des Arbeitgebers kann nach §§ 133, 157 BGB als konkludente Annahme des Vertragsänderungsangebots ausgelegt werden, sofern die Änderung sich unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt, selbst wenn der Handelnde an die Möglichkeit einer solchen Wertung nicht gedacht hat.
Normenkette
BGB §§ 157, 611
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 01.10.2009; Aktenzeichen 4 Ca 631/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 01.10.2009 – 4 Ca 631/09 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Differenzlohnansprüche für den Zeitraum von April 2004 bis September 2008 geltend.
Der am 01.08.1960 geborene Kläger ist seit dem 02.01.1995 bei der Beklagten, die Waschtische produziert und vertreibt, als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden, in ihrem Betrieb ist kein Betriebsrat gewählt.
Die Beklagte hat inzwischen das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gekündigt, über die Wirksamkeit der Kündigung streiten die Parteien in einem Kündigungsschutzverfahren.
Bis zum 31.03.2004 hatte der Kläger einen Stundenlohn von 11,02 EUR bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 36 Wochenstunden.
Am 28.02.2004 fand in den Räumen des Schwesterunternehmens S7 S2 eine Betriebsversammlung auch für die Mitarbeiter der Beklagten statt. Der Kläger nahm an dieser Betriebsversammlung teil. Auf dieser Betriebsversammlung erläuterte die Geschäftsleitung anhand einer Power-Point-Präsentation (Bl. 111 ff. d. A.), dass die Beklagte künftig nur dann wettbewerbsfähig sei, wenn die Wochenarbeitszeit bei unverändertem Monatsverdienst ab dem 01.04.2004 um zwei Stunden erhöht werde; gleichzeitig könne aber der Stundenlohn um 1,5 % heraufgesetzt werden. In der anschließenden Diskussion ging es in erster Linie um den Erhalt des arbeitsfreien Freitag nachmittags, der den Mitarbeitern zugesichert wurde.
Ab dem 01.04.2004 arbeitete der Kläger nach dem neuen Arbeitszeitmodell mit 38 Stunden/Woche. Hierdurch senkte sich sein Stundenlohn auf 10,60 EUR ab. Die entsprechenden Lohnabrechnungen (Bl. 9 ff. d. A.) nahm der Kläger widerspruchslos entgegen.
Am 18.04.2005 fand eine weitere Betriebsversammlung statt, an der der Kläger ebenfalls teilnahm. In dieser Betriebsversammlung wurde den Mitarbeitern eine weitere Heraufsetzung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche bei unverändertem Arbeitsentgelt vorgestellt (Bl. 126 ff. d. A.).
Der Kläger arbeitete ab dem 01.05.2005 daraufhin 40 Stunden in der Woche zu einem Bruttostundenlohn von 10,07 EUR. Ab Juli 2006 betrug der Stundenlohn des Klägers 10,22 EUR.
Ab Anfang 2008 erhielten einzelne Arbeitnehmer eine Lohnerhöhung von 2 %.
Mit der am 25.02.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangte der Kläger die Vergütungsdifferenzen, die sich bei Beibehaltung des Stundenlohns von 11,02 EUR unter Berücksichtigung der prozentualen Erhöhungen der Jahre 2004, 2006 und 2008 im Hinblick auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit ergeben hätten. Für die Monate April 2004 bis einschließlich September 2009 errechnet er sich Vergütungsdifferenzen von insgesamt 19.920,93 EUR.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, eine einvernehmliche Vertragsänderung sei nicht zustande gekommen. Allein die Hinnahme der geänderten Arbeitsbedingungen könne nicht als wirksame Vertragsänderung angesehen werden. Hierzu hat er behauptet, mehrere Arbeitnehmer hätten sich nach Erhalt der Abrechnungen im Mai 2004 noch im Lohnbüro beschwert.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die etwaige Ansprüche des Klägers aus den Jahren 2004 und 2005 seien ohnehin verjährt, mindestens verwirkt, da der Kläger widerspruchslos die Erhöhung der Arbeitszeiten hingenommen und der damit verbundenen Absenkung seines Lohnes zu keinem Zeitpunkt widersprochen habe. Aus diesem Grunde habe er auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Lohndifferenzen. Die Parteien hätten nämlich einvernehmlich eine Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich vertraglich vereinbart. Der Kläger habe unstreitig an den Betriebsversammlungen vom 28.02.2004 und 18.04.2005 teilgenommen. Den geänderten Arbeitsbedingungen habe er zu keinem Zeitpunkt widersprochen, sondern zu den verlängerten Arbeitszeiten weiter gearbeitet. Die Lohnabrechnungen habe er widerspruchslos hingenommen. Es habe auch keine Beschwerden von Arbeitnehmern gegeben. Es hätten sich lediglich einige Arbeitnehmer im Lohnbüro die veränderten Stundensätze erläutern lassen.
Durch Urteil vom 01.10.2009 hat das Arbeitsgericht – wie in vergleichbaren Fällen auch – die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Parteien ...