Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsinteresse und Passivlegitimation bei Kündigung des Betriebsveräußerers nach Betriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Feststellungsklage zur Klärung einzelner Vortragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses – hier: Kündigungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach erfolgtem Betriebsübergang – ist unzulässig.

2. Nach erfolgtem Betriebsübergang ist nur noch Betriebserwerber als Arbeitgeber kündigungsbefugt (BAG, Urt. v. 27.01.2000 – 8 AZR 106/99, ZInsO 2000, 411). Für eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung eines Nichtberechtigten fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.

 

Normenkette

KSchG §§ 4, 7; InsO § 113 Abs. 2; BGB § 613a; ZPO §§ 239, 242, 256, 265, 325

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 03.02.2000; Aktenzeichen 5 Ca 2087/99)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird auf die Anschlußberufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 03.02.2000 (5 Ca 2087/99) teilweise abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 32.800,00 DM = 16.770,37 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechtigung des Beklagten zum Ausspruch einer ordentlichen, fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers, deren Rechtswirksamkeit und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Das Amtsgericht Essen hat am 01.05.1999 die Insolvenzverfahren über das Vermögen der nachfolgend bezeichneten Gesellschaften der K1.– G5. unter den aufgeführten Aktenzeichen

K1. A3. (K5.)

160 IN 20/99

K1. V1. m5. (K6.)

160 IN 19/99

K1. P3. GmbH (KPG)

160 IN 18/99

K1. W2. G6. (K7.)

160 IN 17/99

K1. K2. G6. (K8.)

160 IN 16/99

eröffnet und den Beklagten jeweils zum Insolvenzverwalter bestellt.

Zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung waren bei den fünf K1.– G7. insgesamt 728 Mitarbeiter, davon allein 100 bei der K1. A4, beschäftigt. In sämtlichen Einzelunternehmen besteht ein Betriebsrat.

Der im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung 58 Jahre alte, verheiratete Kläger war bei der letztgenannten Firma seit 1963 als Konstrukteur beschäftigt und hat zuletzt ein Gehalt in Höhe von 8.200,00 DM erzielt.

Der Kläger ist mit dem Grad von 70% schwerbehindert. Am 01.06.1999 hat der Beklagte bei der Hauptfürsorgestelle einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung des Klägers gestellt. Dieser Antrag ist mit Bescheid vom 23.11.1999 zurückgewiesen worden.

Unter dem 24.06.1999 schloß der Beklagte mit sämtlichen Betriebsräten der Insolvenzunternehmen sowohl eine Betriebsvereinbarung über einen Sozialplan als auch über einen Interessenausgleich mit und einen solchen ohne Namensliste ab. Der Kläger erhält danach eine Sozialplanabfindung.

Die am 17.06.1999 gegründete K1. H8. AG, die am 17.08.1999 in das Handelsregister HRB 22. des Amtsgerichts Gelsenkirchen eingetragen worden ist, hat ein notarielles Kaufangebot (UR-Nr. 1571/99 des Notars W3. G3. aus D3.) zum Erwerb der Aktiva sämtlicher Gesellschaften der K1.–G5. abgegeben, welches der Beklagte als Insolvenzverwalter am 07.07.1999 (UR-Nr. 1652/99 des Notars W3. G3. aus D3.) angenommen hat. Das operative Geschäft sämtlicher K1.–G7. ist mit Annahme des Kaufvertragsangebots auf die K1. H8. AG als Käuferin übergegangen.

Mit Schreiben vom 31.08.1999 hat der Beklagte dem Kläger unter Einhaltung der insolvenzrechtlichen Höchstfrist von drei Monaten zum Monatsende zum 31.12.1999 gekündigt.

Hiergegen hat der Kläger sich mit Klageschrift vom 09.09.1999, bei dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen am 10.09.1999 eingegangen und unter Aktenzeichen 5 Ca 2087/99 registriert, zur Wehr gesetzt und zunächst auch seine Weiterbeschäftigung über den 31.12.1999 hinaus geltend gemacht. Er hat zunächst folgende Anträge angekündigt:

  1. festzustellen, daß das zwischen dem Kläger und der Firma K1. A4, K3. 11, 44. G4., bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 31.08.1999 zum 31.12.1999 nicht beendet ist, sondern unverändert fortbesteht,
  2. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger über den 31.12.1999 hinaus zu unveränderten Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen.

Mit weiterer Klageschrift vom 09.12.1999, bei dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen am 10.12.1999 eingegangen und unter Aktenzeichen 5 (1) Ca 3058/99 registriert, hat der Kläger die K1. H8. A4 als Betriebsübernehmerin auf Weiterbeschäftigung in Anspruch genommen. Er hat folgende Anträge angekündigt:

  1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den Bedingungen mit der Firma K1. AG und dem derzeitigen Gehalt von 8.200,– DM ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs zu beschäftigen,
  2. hilfsweise festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte übergegangen ist und mit dieser zu ungeänderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

Der Kläger hat sich in dem vorliegenden Kündigungsschutzverfahren 5 Ca 2087/99 auf die Unwirksamkeit der Kündigung des beklagten Insolvenzverwalters wegen fehlender Zustimmung der Hauptfürsorgestelle, wegen...

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