Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung im öffentlichen Dienst
Leitsatz (amtlich)
1. Ist zwischen Arbeitsvertragsparteien ein Entfristungsrechtsstreit nach § 17 TzBfG anhängig und schließen sie währenddessen einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag ab, so kann diesem Vertragsschluss nicht die Bedeutung beigemessen werden, damit werde das Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt und ein etwaig zuvor bestehendes unbefristetes Arbeitsverhältnis werde damit aufgehoben.
2. Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist nur dann durch den Sachgrund der – mittelbaren – Vertretung gerechtfertigt (§ 14 Abs.1 Nr.3 TzBfG), wenn es dem Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich möglich ist, die ausgefallene Stammarbeitskraft im Falle ihrer Rückkehr in den vom Vertreter wahrgenommenen Arbeitsbereich umzusetzen.
3. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes ist regelmäßig auf die Zuweisung von Tätigkeiten beschränkt, die der mit dem Angestellten vereinbarten Vergütungsgruppe entsprechen.
4. Nach diesen Grundsätzen ist ein zum Zwecke der Vertretung zweier Stammarbeitskräfte abgeschlossener befristeter Arbeitsvertrag bereits dann unwirksam befristet, wenn die vom Vertreter wahrgenommenen Aufgaben wegen der höheren Eingruppierung einer der Stammarbeitskräfte nicht in ihrer Gesamtheit den Stammarbeitskräften zugewiesen werden können.
Normenkette
TzBfG §§ 14, 17
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 10.09.2002; Aktenzeichen 3 Ca 1735/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 10.09.2002 – 3 Ca 523/02 – abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das mit Vertrag vom 28.11.2001 begründete Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristung mit dem 30.06.2002 beendet ist.
Das beklagte L4xx trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages vom 28.11.2001 auf den 30.06.2002.
Die Klägerin ist am 09.07.1975 geboren. Sie absolvierte vom 01.08.1994 bis Mitte 1996 eine Ausbildung zur Justizangestellten. Seit dem 28.06.1996 ist die Klägerin unter Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 3 des Teils II Abschnitt N Unterabschnitt 1 der Anlage 1 a zum BAT aufgrund zahlreicher befristeter Arbeitsverträge in Vollzeit bei dem Amtsgericht Bochum tätig. Die ersten Verträge wiesen folgende Laufzeiten auf:
28.06.1996 bis 31.12.1996,
01.01.1997 bis 30.04.1997,
01.01.1997 bis 03.02.1998,
01.08.1997 bis 20.08.1998,
01.05.1998 bis 31.12.1998,
01.01.1999 bis 31.07.1999,
01.03.1999 bis 31.08.1999,
01.09.1999 bis 31.12.1999,
01.01.2000 bis 31.12.2000,
01.01.2001 bis 30.08.2001.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragskopien, Bl. 8 ff der Akte, verwiesen. Der „Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 28.06.1996” vom 19.06.2001 (Bl. 27 d.A.) verhält sich über eine Laufzeit vom 31.08.2001 bis zum 31.12.2001, dort heißt es u.a.: „… nach SR 2 y BAT (als Aushilfsangestellte zur Vertretung) weiterbeschäftigt, und zwar zur einen Hälfte aus Anlass der Arbeitszeitermäßigung der Justizangestellten H3xxxxxxx, zur anderen Hälfte aus Anlass der anderweitigen Verwendung der Justizsekretärin E2x-M1xxx W1xxxx im Gerichtsvollzieherdienst”.
Im „Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 28.06.1996” vom 28.11.2001 (Bl. 28 d.A.) ist eine Laufzeit vom 01.01.2001 bis zum 30.6.2002 vorgesehen. In § 1 heißt es:
„§ 1 des Vertrages wird mit Wirkung vom 01.01.2002 wie folgt geändert:
Frau K1xxxx P1xxx wird bis zum 30.06.2002 als vollbeschäftigte Angestellte auf bestimmte Zeit nach SR 2 y BAT (als Aushilfsangestellte zur Vertretung) weiterbeschäftigt, und zwar
zur einen Hälfte aus Anlass der Arbeitszeitermäßigung der Justizangestellten H3xxxxxxx,
zur anderen Hälfte aus Anlass der weiteren Erkrankung der Justizangestellten M2xxxxxxxxx.”
Vor dem Vertragsschluss wurde der Personalrat beteiligt. Der Personalrat stimmte unter dem 28.11.2001 dem beabsichtigten befristeten Arbeitsvertrag zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die hierzu vorgelegten Kopien Bezug genommen, Bl. 65 bis 68 d.A..
Die Klägerin war stets auf dem selben Arbeitsplatz eingesetzt. Sie war bis zuletzt in die Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 3 des Teils II Abschnitt N Unterabschnitt 1 der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert (fortan: VII Fallgruppe 3 Schreibdienst, Wortlaut: „3 Maschinenschreiberinnen, die mindestens 10 Minuten lang Schriftstücke mit mindestens 290 Anschlägen in der Minute fehlerfrei abschreiben können.”). Die Klägerin verrichtete zuletzt zu einem überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit Schreibarbeiten und nahm daneben Aufgaben einer Servicekraft für Strafsachen wahr. Das Bruttomonatsentgelt betrug rund 1.870,00 EUR.
Mit Frau H3xxxxxxx ist eine Arbeitszeitreduzierung auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit ab dem 31.08.2001 zunächst bis zum 30.08.2004 vereinbart (Bl. 79 d.A.). Frau H3xxxxxxx ist ebenso wie die Klägerin ausgebildete Justizangestel...