Leitsatz (amtlich)
Hat ein von seiner Arbeitgeberin, die als Dienstleisterin auf dem Gebiet des öffentlichen Personennahverkehrs tätig ist, als Kraftomnibus-Fahrer beschäftigter Arbeiter, den seine Arbeitgeberin gemäß § 52 Abs. 1 BMT-GII nicht mehr ordentlich kündigen gekonnt und der selbst zuvor an einer der von seiner Arbeitgeberin für ihr gesamtes Fahrpersonal jeweils zweitägig durchgeführten Kundendienstschulungen mit den Einzelthemen Wettbewerbssituation, Kommunikation, Rollenklarheit als Dienstleister sowie Bedeutung des Kundendienstes teilgenommen hat, während seines Dienstes sowie dabei ohne einen rechtfertigenden Grund einen Fahrgast mit „Armleuchter” beschimpft und zudem diesem Fahrgast Schläge angedroht, kann grundsätzlich dieser Arbeiter durch seine Arbeitgeberin ohne eine vorherige Abmahnung gemäß den §§ 53 BMT-GII, 626 BGB außerordentlich fristlos gekündigt werden
Normenkette
BMT-GII §§ 52-53; BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Teilurteil vom 05.07.2001; Aktenzeichen 2 Ca 592/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 05.07.2001 verkündete Teilurteil des Arbeitsgerichts Bochum – 2 Ca 592/01 – abgeändert:
Der Klageantrag des Klägers, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 26.02.2001, das dem Kläger am 27.02.2001 zugegangen ist, nicht beendet worden ist, sondern zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 07.06.1984 weiter fortbesteht, wird abgewiesen.
Die Kosten dieses Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien haben sich in beiden Instanzen ihres hier vorliegenden Rechtsstreits darüber gestritten, ob die seitens der Beklagten gegenüber dem Kläger, der von der Beklagten schon seit dem 01.08.1979 in einem Dauerarbeitsverhältnis beschäftigt worden ist und den die Beklagte am 26.02.2001 aus tariflichen Gründen nicht mehr ordentlich kündigen gekonnt hat, mit dem Schreiben vom 26.02.2001 erklärte außerordentlich fristlose Kündigung rechtswirksam ist.
Dabei ist im Hinblick auf die gerichtliche Entscheidung der vorstehenden beidinstanzlichen Streitfrage der Parteien zum einen von rechtlicher Bedeutung, das jeweils gesetzlich einerseits im schon zum 01.01.1900 in Kraft getretenen Bürgerlichen-Gesetzbuch – BGB – vom 18.08.1896 (RGBl. S. 195) u.a. Folgendes aufgenommen war sowie weiterhin ist:
„§ 626 Fristlose Kündigung
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.”
Andererseits heißt es im Tarifvertragsgesetz – TVG – in der Fassung vom 25.08.1969 (BGBl. I S. 1323) u.a.:
„§ 2 Tarifvertragsparteien
(1) Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern.
(2) bis (4)…
§ 3 Tarifgebundenheit
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrages ist.
(2) bis (3)…
§ 4 Wirkung der Rechtsnormen
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen …
(2) bis (5)…”
Ferner war im hier maßgebenden Zeitraum im Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.12.1988 (BGBl. 1989 I S. 1, ber. S. 901) u.a. Folgendes geregelt:
„§ 1 Errichtung von Betriebsräten
In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wahlberechtigt sind, werden Betriebsräte gewählt.
§ 26 Vorsitzender
(1) Der Betriebsrat wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter …
(2) …
(3) Der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter vertritt den Betriebsrat im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse. Zur Entgegennahme von Erklärungen, die dem Betriebsrat gegenüber abzugeben sind, ist der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt.
§ 27 Betriebsausschuss
(1) Hat ein Betriebsrat neun oder mehr Mitglieder, so bildet er einen Betriebsausschuss. Der Betriebsausschuss besteht aus dem Vorsitzenden des Betriebsrats, dessen Stellvertreter und bei Betriebsräten mit
…
19 bis 23 Mitgliedern aus 5 weiteren Ausschussmitgliedern,
…
Die weit...