Entscheidungsstichwort (Thema)
Überlassung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung hinsichtlich Wirksamkeit des vereinbarten Widerrufsrechts in der Vertragsänderung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung ist grundsätzlich so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber Arbeitsentgelt leisten muss.
2. Eine im Arbeitsvertrag vereinbarte auflösende Bedingung zur Nutzung eines Dienstfahrzeugs zur Privatnutzung ist mangels Transparenz unwirksam, wenn ein durchschnittlicher Arbeitnehmer der Bedingung nicht entnehmen kann, wann diese erfüllt sein soll.
3. Nicht jede Änderung der Arbeitsaufgabe stellt einen anzuerkennenden Sachgrund für den Entzug der Dienstwagennutzung und der damit verbundenen privaten Nutzungsmöglichkeit dar, sondern zum Widerruf berechtigen nur solche organisatorischen Änderungen, die zwangsläufig eine Änderung der arbeitsvertraglich übertragenen Aufgaben mit sich brächten und die dazu führen würden, dass die Erforderlichkeit eines Geschäftsfahrzeugs für die übertragenen Aufgaben nicht mehr gegeben wäre.
Normenkette
BGB §§ 307, 308 Nr. 4, § 307 Abs. 1 S. 1, 2
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 26.09.2023; Aktenzeichen 5 Ca 1815/23) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 26.09.2023, Az. 5 Ca 1815/23, abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 31.12.2023 hinaus ein Geschäftsfahrzeug auch zur Privatnutzung zu überlassen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Überlassung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung über den 31.12.2023 hinaus.
Der Kläger ist seit dem 01.02.2009 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Sein Bruttojahresgehalt belief sich zuletzt auf ca. 130.000,00 Euro inkl. des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung eines Dienstwagens i.H.v. 1.119 Euro brutto/Monat.
Unter dem 23.04.2015/27.05.2015 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, wonach der Kläger ab dem 01.07.2015 als Salesmanager innerhalb des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb eingesetzt wurde. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag Bezug genommen (Bl. 59ff der erstinstanzlichen Akte). Regelungen zur Überlassung eines Dienstwagens enthält der Arbeitsvertrag selbst nicht. Gemäß einer Vertragsergänzung vom 18.04.2015/27.05.2015, auf welche für die Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 9f der erstinstanzlichen Akte), stellte die Beklagten dem Kläger während der Ausübung der Tätigkeit als Salesmanager ein sog. funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug (Dienstwagen) zur Verfügung.
Unter dem 29.06.2021/30.07.2021 vereinbarten die Parteien sodann eine Vertragsergänzung, wonach der Kläger ab dem 01.07.2021 als Gebietsleiter Verkauf innerhalb des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb eingesetzt wurde. Weiter heißt es, dass die Übertragung einer anderen zumutbaren, den Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechenden gleichwertigen Tätigkeit im Falle betrieblicher Erforderlichkeit vorbehalten bleibe. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsergänzung vom 29.06.2021/30.07.2021 (Bl. 48 der erstinstanzlichen Akte) Bezug genommen.
Zugleich vereinbarten die Parteien mit Wirkung ab dem 01.07.2021 weitere folgende, auf den 29.06.2021 datierte Vertragsergänzung (Bl. 7f der erstinstanzlichen Akte):
"1. Während der Ausübung Ihrer Tätigkeit ab 01.07.2021 als
Gebietsleiter/in Verkauf
innerhalb der Organisationseinheit Verkaufsmanagement Einzelkunden I/VE-D17) erhalten Sie folgende Leistung:
a) Das Unternahmen stellt Ihnen ein funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug zur Verfügung, sofern Sie nach den jeweils gültigen betrieblichen Regelungen hierfür berechtigt sind. Weitere Einzelheiten entnehmen Sie der Fahrzeugregelung funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug.
2. Mit Beendigung der oben genannten Tätigkeit entfallen die unter Ziffer 1. genannten Leistungen.
3. Die unter Ziffer 1. genannten Leistungen können bei Vorliegen eines sachlichen Grundes vom Unternehmen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise widerrufen werden.
Sachliche Gründe können insbesondere sein:
- Gründe in der Person (z. B. Verlust der Fahrerlaubnis)
- Wirtschaftliche Gründe (z. B. Kostensenkungsmaßnahmen, Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der D AG)
- Organisatorische Gründe (z.B. Änderung der übertragenen arbeitsvertraglichen Aufgaben)
- Verhaltensbedingte Gründe (z. B. vertragswidrige Nutzung des funktionsabhängigen Geschäftsfahrzeugs)"
Bei der Ausübung des Widerrufsrechts werden Ihre berechtigten Interessen angemessen berücksichtigt. Insbesondere muss ein Widerruf zumutbar sein.
4. Durch Unterzeichnung dieses Vertrages bestätigen Sie den Erhalt der Merkblätter "Besteuerung der privaten Nutzung von Geschäftsfahrzeugen", "Nutzungspauschale/GF-Pauschale" sowie die Geschäftsfahrzeugregelung "Funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug".
Im Übrigen gelten die Bestimmungen Ihres Arbeitsvertrage...