Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Direktionsrecht. Rechtsmissbrauch. Verwirkung. Eingruppierung

 

Leitsatz (amtlich)

Die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit darf nach § 24 BAT als tarifvertragliches Gestaltungsmittel nicht funktionswidrig verwendet werden. Sie bedarf eines sachlichen Grundes für die Übertragung selbst und für die Dauer der Übertragung. Bei der Übertragung von Daueraufgaben liegt ein solcher sachlicher Grund nicht vor.

Hält ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes generell während der gesamten Dauer der Ausbildung eines Regierungsassistentenanwärters eine Stelle im mittleren Dienst für diesen frei, so handelt es sich um die Erledigung von Daueraufgaben, wenn er die auf dieser Stelle anfallenden Tätigkeiten einem Angestellten vorübergehend überträgt.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 315 Abs. 1, 3; BAT §§ 22, 24

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 01.12.2000; Aktenzeichen 2 Ca 1448/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.05.2002; Aktenzeichen 4 AZR 434/01)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung des beklagten L. wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 01.12.2000 – 2 Ca 1448/00 – wie folgt neu gefasst:

Das beklagte L. ist verpflichtet, an die Klägerin ab 01.08.2000 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT/BL zu zahlen.

Die Kosten der Berufung werden dem beklagten L. auferlegt.

Die Revision wird für das beklagte L. zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung der Klägerin.

Die am 01.12.13… geborene Klägerin verfügt über Berufsausbildungen als Drogistin und Erzieherin.

Zunächst wurde sie von dem beklagten L. in der Zeit vom 16.02. bis 15.05.1987. in der Zeit vom 29.07. bis 28.09.1987 und in der Zeit vom 26.10.1987 bis zum 31.12.1989 jeweils befristet als Angestellte im Versorgungsamt S3. beschäftigt. Seit dem 01.01.1990 wird die Klägerin auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 20.11.1989 (Bl. 99 f d.A.) unbefristet beschäftigt. Sie war zunächst im Bürodienst (Registratur) eingesetzt und erhielt eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII BAT/BL und ab 01.01.1990 nach der Vergütungsgruppe VII BAT/BL. Seit dem 03.09.1999 ist die Klägerin in die Vergütungsgruppe VI b BAT/BL eingruppiert.

In der Zeit von Oktober 1992 bis Oktober 1994 nahm die Klägerin mit Erfolg an einer Fortbildungsmaßnahme teil, die inhaltlich abgestellt war auf einen künftigen Einsatz in Tätigkeiten des mittleren Dienstes (s. Teilnahmebescheinigung vom 24.10.1994, Bl. 6 d.A.).

Durch Verfügung vom 04.01.1995 (Bl. 23 d.A.) teilte das L. versorgungsamt N2.-W3. dem Versorgungsamt S3. sein Einverständnis mit, der Klägerin nach entsprechender Einarbeitung die Tätigkeit einer Bearbeiterin unter gleichzeitiger Gewährung einer persönlichen Zulage gemäß § 24 Abs. 1 BAT zunächst zum Zwecke der Erprobung und anschließend im Hinblick auf die Neuorganisation der Versorgungsämter weiterhin vorübergehend, längstens jedoch bis zum 31.12.1995 zu übertragen.

Im letzten Absatz der Verfügung heißt es wie folgt:

„Ich bitte, die Angestellten darüber zu unterrichten, dass die Übertragung der Tätigkeit für die Dauer nur nach Maßgabe freier und besetzbarer Stellen und – im Hinblick auf die Neuorganisation der Versorgungsverwaltung – auf Dauer besetzbarer Dienstposten erfolgen kann.”

Die Klägerin wurde entsprechend anschließend in der Zeit vom 23.01. bis 24.07.1995 in die Aufgaben einer Sachbearbeiterin des Fachbereichs der Abteilung 3 (Schwerbehindertenrecht) mit Erfolg eingearbeitet (s. Bericht vom 20.07.1995, Bl. 7 d.A.).

Seit dem 25.07.1995 wird die Klägerin als Sachbearbeiterin im Fachdienst der Abteilung 3 (Schwerbehindertenrecht) eingesetzt. Seit dem 01.07.1995 zahlt das beklagte L. an die Klägerin eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs. 3 BAT. Wegen der Organisation des Versorgungsamtes S3. wird auf die Organigramme Bl. 92 bis 94 d.A. verwiesen.

Die Klägerin nimmt seit dem 25.07.1995 folgende Aufgaben wahr:

1. Bearbeitung von Anträgen nach §§ 3, 4 SchwbG auf Feststellung einer Behinderung, des Grades der Behinderung (GdB) und weiterer gesundheitlicher Merkmale sowie Ausweisausstellung Erstanträge

55 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit

2. Bearbeitung von Änderungsanträgen (§ 48 SGB X)

35 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit

3. Bearbeitung von sonstigen Ausweis- und Beiblattangelegenheiten

10% Anteil an der Gesamtarbeitszeit

Wegen der Einzeltätigkeiten und der Bewertung der Arbeitsvorgänge wird auf die Arbeitsplatzbeschreibung, Stand 02/01, (Bl. 79 bis 84 d.A.), wegen der Arbeitsabläufe auf die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 03.04.2001 (Bl. 69 bis 78 d.A.) verwiesen.

Die Parteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass diese auszuübenden Tätigkeiten den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT/BL entsprechen.

Die Übertragung dieser Aufgaben erfolgte aufgrund von vier Verfügungen des beklagten L..

Mit Schreiben vom 25.07.1995 (Bl. 8 d.A.) teilte das beklagte L. der Klägerin u.a. Folgendes mit: „…

mit sofortiger ...

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