Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrente. Anpassungsprüfung. reallohnbezogene Obergrenze. Erstanpassung. Vergleichsgruppe. Prüfungszeitraum

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Prüfungszeitraum für den Anpassungsbedarf und die reallohnbezogene Obergrenze nach § 16 BetrAVG reicht grundsätzlich vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag.

 

Normenkette

BetrAVG § 16

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 29.03.2011; Aktenzeichen 2 Ca 5662/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 3 AZN 1471/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 29.03.2011, Az. 2 Ca 5662/10, wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird die Beklagte unter Neufassung der Ziffern 1. und 2. des arbeitsgerichtlichen Urteils insgesamt verurteilt, an den Kläger 1.913,76 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 53,16 EUR seit dem 01.01.2009 und dem jeweils Ersten der bis einschließlich 01. Juli 2011 folgenden Monate sowie für die Zeit ab dem 01.07.2011 eine monatliche Betriebsrente von 1.157,66 EUR brutto zu zahlen.

Der Beklagten werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger anlässlich der durch die Beklagten erstmalig zum 01.07.2008 erfolgten Anpassung der Betriebsrente weitergehende Ansprüche auf Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung hat.

Der Kläger war langjähriger Mitarbeiter der Beklagten und zuletzt in deren Niederlassung in D1 beschäftigt. Er bezieht seit dem 01.10.2005 von der Beklagten eine Betriebsrente, deren Höhe anfangs 1.087,00 EUR monatlich betrug. Erstmalig zum 01.07.2008 passte die Beklagte diese Rente unter Berücksichtigung der von ihr angenommenen Veränderung der Nettolöhne der aktiven Arbeitnehmer an. Die Rente wurde zum 01.07.2008 um 1,57 % auf 1.104,50 EUR erhöht.

Die Beklagte bezog bei früheren Anpassungsentscheidungen die Nettolohnentwicklung der Executives, deren Gehalt in erheblichem Maß variabel ist, in die Anpassungsprüfung ein.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe mit dem Vergleich der Jahresverdienste der Mitarbeiter im Konzern in den Kalenderjahren 2004 einerseits, 2007 andererseits, auf einen unzutreffenden Prüfungszeitraum abgestellt. Sie hätte bei ihrer Anpassungsentscheidung 2008 auf die Nettolohnentwicklung im Prüfungszeitraum abstellen müssen, dies sei der Zeitraum von 36 Monaten vor dem Anpassungsprüfungsstichtag, mithin der Zeitraum 1.7.2005 bis zum 30.06.2008.

Zudem sei die Herausnahme der so genannten Executives bei der Ermittlung der durchschnittlichen Nettolöhne nicht zu rechtfertigen.

Die Anpassungsentscheidung aus dem Jahr 2008 sei daher unverbindlich mit der Folge, dass der Kläger den vollen Teuerungsausgleich nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG verlangen könne. Die Verbraucherpreise seien von Oktober 2005 bis Juni 2008 zumindest in einem Umfang gestiegen, der die Klageforderung rechtfertige. Der Kläger habe Anspruch auf eine monatlich um 53,16 EUR höhere Betriebsrente seit dem Monat Juli 2008 bis 31.12.2010, woraus sich für 30 Monate der Betrag von 1.594,80 EUR ergebe, sowie auch künftig ab Januar 2011 gegenüber den bisher gezahlten 1.087,00 EUR auf eine um monatlich 53,16 EUR höhere Betriebsrente.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.594,80 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 53,16 EUR seit dem 01.01.2009 und aus jeweils weiteren 53,16 EUR seit dem jeweils Ersten der Folgemonate.
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 01.01.2011 eine monatliche Betriebsrate von 1.157,66 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die vorgenommene Anpassungsentscheidung im Jahr 2008 sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe die Nettoentgeltentwicklung der letzten drei Jahre zugrunde gelegt.

Für die Ermittlung der Reallohnentwicklung habe sie zulässigerweise die Gehaltssumme aller Mitarbeiter des Konzerns mit Ausnahme der erheblich variabel vergüteten, kleinen Gruppe der Executives zu Beginn und am Ende des dreijährigen Betrachtungszeitraums ermittelt und hieraus anhand der der Mitarbeiterzahl den durchschnittlichen Nettoverdienst errechnet. Dieser sei, ausgehend von den Werten des jeweiligen Kalenderjahres, von Ende 2004 bis Ende 2007 um 1,57 % gestiegen.

In der Berechnung seien auch Teilzeitbeschäftigte, befristete Vollzeitbeschäftigte, befristete Teilzeitbeschäftigungen während der Elternzeit und Altersteilzeitvereinbarungen berücksichtigt. So habe es Ende 2004 300 Teilzeitbeschäftigte während der Elternzeit gegeben, deren Anzahl sich Ende 2007 auf 327 erhöht habe.

Vorsorglich habe sie alternativ ermittelt, dass bei einer entsprechenden Konzernbetrachtung das durchschnittliche Nettogehalt – ausgehend von Jahreswerten sich zum 30.06.2008 im Vergleich zum 20.06.2005 um 1,53 % erhöht habe, so dass die erfolgte Erhöhung um 1,57 % nicht zu beanstanden sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?