Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einbeziehung von Betriebsratmitgliedern in die soziale Auswahl

 

Leitsatz (amtlich)

Die soziale Auswahl ist bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste nicht grob fehlerhaft im Sinne von § 125 Abs. 1 Satz Nr. 2 Hs. 1 InsO, wenn ein sozial weniger schutz-würdigeres Betriebsratsmitglied nicht in den auswahlrelevanten Personenkreis einbezogen worden ist. Dagegen spricht bereits die gesetzliche Übernahmeverpflichtung gemäß § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG.

 

Normenkette

KSchG § 15 Abs. 4-5, 1

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 02.09.2003; Aktenzeichen 2 (4) Ca 2441/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.11.2005; Aktenzeichen 6 AZR 118/05)

BAG (Aktenzeichen 6 AZR 188/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 02.09.2003 – 2 (4) Ca 2441/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 22.527,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung des Beklagten und über Vergütungsansprüche des Klägers nach Ablauf der Kündigungsfrist.

Der Beklagte ist durch Beschlüsse des Amtsgerichts Essen vom 07.06.2002 und vom 01.09.2002 – 162 IN 182/02 – zunächst zum vorläufigen und dann zum endgültigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma F2xxxxxxx G2xxxxxx GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin) aus G1xxxxxxxxxxx bestellt worden.

Das schuldnerische Unternehmen bestand im wesentlichen aus zwei Produktionsabteilungen, der Dreherei und der Schmiede. Eine weitere Abteilung, nämlich die Instandhaltung, war darüber hinaus für Wartung und Reparatur der Maschinen zuständig. In früheren Zeiten, in denen das schuldnerische Unternehmen noch weit mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigte, waren ca. 10 Meister bei der Insolvenzschuldnerin angestellt. Insoweit produzierte die Insolvenzschuldnerin zu früheren Zeiten im sog. Zweischichtbetrieb, so gab es eine Frühschicht von 06.00 Uhr bis 14.00 Uhr und eine Spätschicht von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Jeder Schicht war dabei ein Meister als „Vorgesetzter” vorgeschaltet.

Im Laufe der Jahre wurden sukzessive die Arbeitsplätze bei der Insolvenzschuldnerin reduziert, auch die Arbeitsplätze der Meister. Anfang des Jahres 2002 beschäftigte die Insolvenzschuldnerin noch insgesamt vier Meister. Drei Meister hatten einen fest zugewiesenen Arbeitsplatz, nämlich der Kläger, der bei der Insolvenzschuldnerin seit dem 23.03.1983 als Industriemeister beschäftigt und zuletzt als Meister der Dreherei tätig war, der Mitarbeiter E2xxxx als Meister in der Instandhaltung und der Mitarbeiter W2xxxxx als Meister in der Schmiede. Der vierte Meister war der Mitarbeiter R3xxxxx. Dieser war seit dem 01.12.1988 bei der Insolvenzschuldnerin zunächst mehr als ein Jahrzehnt lang als Dreher in der Dreherei beschäftigt, ehe sich die Insolvenzschuldnerin aufgrund seiner Leistungsfähigkeit und Auffassungsgabe entschlossen hat, den Mitarbeiter R3xxxxx zum Meister ausbilden zu lassen.

Nachdem der Mitarbeiter R3xxxxx insoweit sämtliche Schulungen und Prüfungen absolviert hatte, legte er schließlich Ende des Jahres 2001 die Industriemeisterprüfung ab. Fortan (ab Beginn des Jahres 2002) wurde der Mitarbeiter R3xxxxx, der Mitglied des von der Belegschaft der Insolvenzschuldnerin gewählten Betriebsrats war, als Meister bei der Schuldnerin beschäftigt. Von da an sind weitere Einzelheiten über den Einsatz des Mitarbeiters R3xxxxx als Meister sind zwischen den Parteien streitig. Nachdem er alle Abteilungen kennengelernt hatte, sollte er nach den Vorstellungen des vormaligen Geschäftsführers als „Springer” eingesetzt werden und je nach Arbeitsanfall die anderen Meister entlasten bzw. bei Urlaub und Krankheit vertreten.

Unter dem 24./26.09.2002 schloss der Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich, in welchem unter anderem bestimmt folgendes ist:

I. Ausgangslage

Die F2xxxxxxx G2xxxxxx GmbH & Co, KG befindet sich seit dem 07.06.2002 in vorläufiger Insolvenzverwaltung. Am 01.09.2002 ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Insolvenzeröffnungsverfahren wurde der Geschäftsbetrieb fortgeführt. Es ist beabsichtigt, den Geschäftsbetrieb auch im eröffneten Insolvenzverfahren fortzuführen. Ziel der Fortführung ist, die Option einer übertragenden Sanierung offenzuhalten. Unabdingbare Voraussetzung ist, daß zumindest Kostendeckung erwirtschaftet werden kann. Hiervon gehen Betriebsrat, Geschäftsführung und Insolvenzverwalter nach den vorliegenden Berechnungen aus, Insolvenzverwalter hat jedoch insofern eine Plausibilitätsüberprüfung und Prognoserechnung durch die E3xxx & Y1xxx D4xxxxxx A1xxxxxxxx T1xxxxxx AG veranlaßt, und zwar für einen Betrachtungszeitraum bis Jahresende 2002.

Die Parteien dieser Betriebsvereinbarung sind sich darüber einig, dass eine Fortführung im eröffneten Insolvenzverfahren wie auch eine übertragende Sanierung nur dann in Betracht kommen kann, wenn eine nachhaltige Kostenreduzierung erreicht wird und wenn darüberhin...

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