Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Massenentlassung. Anzeigepflicht. Kündigung. Vertrauensschutz. Teilbetriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Parallelsache zu 7 Sa 623/05
Normenkette
KSchG §§ 17-18, 1 Abs. 2; BGB § 613a Abs. 1, 4
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 1 Ca 2624/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 04.05.2005 – 4 Ca 2624/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das seit dem 07.06.1993 zur Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung der Beklagten zu 1) vom 26.07.2004 mit dem 30.11.2004 beendet worden ist oder darüber hinaus fortbesteht und ob die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, die Klägerin als angelernte Maschinenbedienerin/Schweißerin zu beschäftigen.
Die Beklagte zu 1) war Zulieferer der Automobilindustrie. Ihre Kunden waren u. a. die V1 A7, D7xxxxx-C2xxxxxx, B8x, F4xxxxxx, Z3xxxx, L4xxxxxxx etc.. Die Beklagte zu 1) war für die Automobilindustrie zertifiziert. Sie belieferte diese Kunden weltweit. Von der Automobilindustrie bzw. von Zulieferern der Automobilindustrie war sie eingebunden in die Großserienproduktion von 100.000 bis 800.000 Stück pro Kalenderjahr. Produziert wurden u. a. Schaltgestänge, Schalthebel und Halterungen für Auspuffanlagen. Zulieferer der Automobilindustrie waren ebenfalls die D1xx C3 und die D1xx U3. Beide Unternehmungen waren jedoch nicht zertifiziert. In 2002 hat in A3xxxx die D1xx K3xxxxxxxxxxxxx GmbH eine eigenständige Produktion auf diesem besonderen Fachgebiet aufgenommen. Die K3xxxxxxxxxxxx beliefert u. a. die Fa. B2xxx mit hochwertigen Schrauben. Gesellschafter dieser GmbH sind neben U2xxxx H1xxxxx und A4xxxxxx S2xxx der Sohn des Gesellschafters/Geschäftsführers der Beklagten, M2xxxxxx D1xx, der zugleich Mitgeschäftsführer der Beklagten zu 1) war. Geschäftsführer dieser Gesellschaft sind U2xxxx H1xxxxx, zugleich Prokurist der Beklagten zu 1) und A4xxxxxx S2xxx.
Die Beklagte zu 1) produzierte in acht Hallen. In einer Halle – der Halle 7 – betrieb sie ein Hochregallager. Für ihre kaufmännischen Aufgaben nutzte sie ein mehrstöckiges Bürogebäude. Sie beschäftigte zeitweise bis zu 180 Mitarbeiter. Bedingt durch die Absatzprobleme der Automobilindustrie verringerte sich ihre Belegschaft bis Mitte 2004 auf nahezu 100 Arbeitnehmer. Da in 2004 ein weiterer Umsatzrückgang von nahezu 20 % festgestellt wurde – verursacht durch die weiter fortbestehenden Absatzprobleme in der Automobilindustrie, die Rückholung von Fremdvergaben in die Produktionsstätten der Automobilindustrie und den Verlust von Aufträgen aufgrund technischer Probleme – entschloss sich der Gesellschafter/Geschäftsführer R2xx D1xx zur Stilllegung der Produktion der Beklagten zu 1). Diesen Beschluss formulierte er schriftlich am 22.07.2004. Nach seinen Vorstellungen sollte die Produktion endgültig zum 31.03.2005 eingestellt sein. Zugleich beauftragte er die Geschäftsführung, den Arbeitnehmern zeitnah unter Beachtung der unterschiedlichen Kündigungsfristen zu kündigen und alle darüber hinaus notwendigen Maßnahmen zu treffen. Aus diesem Anlass fertigte die Beklagte zu 1) am 26.07.2004 62 Kündigungen, die per Einwurfeinschreiben versandt wurden. Hiervon war auch die Klägerin betroffen. Am 27.07.2004 reichte der Prokurist U2xxxx H1xxxxx die erste Massenentlassungsanzeige für 111 Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit I2xxxxx, Büro W1xxxxx, ein. Eine weitere Anzeige erfolgte am 28.10.2004.
Mit der beim Arbeitsgericht Iserlohn am 11.08.2004 erhobenen Klage wehrt sich die 47-jährige alleinerziehende, einem Kindern zum Unterhalt verpflichtete und seit dem 07.06.1993 bei der Beklagten zu 1) als Maschinenbedienerin zum monatlichen Bruttoentgelt von 2.024,29 EUR tätige Klägerin gegen die ihr am 28.07.2004 als Einwurfeinschreiben zugegangene Kündigung. Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten, diese Kündigung sei nicht geeignet, das zur Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.11.2004 zu beenden. Die Kündigung sei nämlich sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG. Entgegen der Ankündigung sei die Beklagte zu 1) nicht in der Lage, betriebsbedingte Gründe vorzutragen. In den Hallen der Beklagten zu 1) befänden sich weiterhin Mehrstufenpressen und Schweißautomaten, an denen auch gearbeitet werde. Dass die Beklagte zu 1) mit diesen Maschinen produziere mache sie darüber deutlich, dass sie um die Zertifizierung als A-Lieferant für N1xxxxxxx nachgesucht habe. Aus diesem Anlass sei im Oktober 2004 ein Zertifizierungsaudit durchgeführt worden. Ihre Lieferbeziehungen zur Automobilindustrie setze sie folglich am Standort N1xxxxxxx fort. Aus diesem Grunde müsse sie bezweifeln, dass „angeblich” alle Arbeitnehmer entlassen würden. Mit der Beklagten zu 2) habe sie nicht eine Firma für Werkzeugtechnik gegründet. Mit dieser Firmenneugründung verfolge sie vielmehr ...