Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 04.10.1994; Aktenzeichen 6 Ca 2176/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 04. Oktober 1994 – 6 Ca 2176/94 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte und in diesem Rahmen um die Rechtmäßigkeit tarifvertraglicher Unkündbarkeitsregelungen.
Die am 06. Juli 1939 geborene Klägerin ist seit dem 01. April 1974 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Reinigungskraft beschäftigt. Nach einer anfänglichen Wochenarbeitszeit von 22 Stunden ist sie seit dem 01. August 1979 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden tätig.
Die Klägerin ist mit einem Grad von 50 schwerbehindert.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet schon kraft beidseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV-Arb) Anwendung.
Vom 01. Oktober 1991 bis zum 15. April 1992 wurde die Klägerin faktisch nicht beschäftigt und bezog eine Rente aus der Versorgungsanstalt der Deutschen B. Der Beginn ihrer sogenannten „P. dienstzeit” wurde daraufhin förmlich auf den 15. Oktober 1974 festgesetzt.
Mit Schreiben vom 12. April 1994, der Klägerin drei Tage später zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien krankheitsbedingt „unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Schluß eines Kalendervierteljahres mit Ablauf 31.12.1994”. Die Beklagte hätte zuvor die zuständige Personalvertretung ordnungsgemäß beteiligt und die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle eingeholt.
Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin mit einem am 26. April 1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die vorliegende Klage. Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei nach Maßgabe des § 26 a TV-Arb ordentlich nicht mehr kündbar. Zwar seien dieser Vorschrift zufolge Teilzeitbeschäftigte, die im Kündigungszeitpunkt das 40. Lebensjahr vollendet hätten, erst nach zwanzigjähriger Dienstzeit unkündbar. Für Vollzeitkräfte genügten jedoch schon 15 Jahre Beschäftigung. Diese Differenzierung verstoße gegen höherrangiges Recht. Auch sie sei darum als nicht mehr ordentlich kündbar anzusehen.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 12.04.1994 nicht aufgelöst ist, sondern über den 31.12.1994 unverändert fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die tariflichen Kündigungsvorschriften seien rechtswirksam.
Mit Urteil vom 06. Oktober 1994 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 26 a TV-Arb verstoße gegen § 2 Abs. 1 BeschFG.
Das Urteil wurde der Beklagten am 16. Dezember 1994 zugestellt. Mit einem am 13. Januar 1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat sie dagegen Berufung eingelegt. Sie hat diese mit einem am 10. Februar 1995 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht habe die strittige tarifliche Unterscheidung zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten zu Unrecht als sachlich nicht begründet angesehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 06.10.1994 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die erstinstanzliche Sitzungsniederschrift vom 06. Oktober 1994 verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Berufung ist zulässig: Sie ist als solche statthaft, die Beklagte hat sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
2. Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 12. April 1994 nicht aufgelöst worden.
2.1. Die Klage ist zulässig. Sie ist dies auch mit Blick auf das Begehren, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. Dezember 1994 hinaus festzustellen. Zwar beruft sich die Beklagte für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Parteien auf keinerlei anderen Umstand als den Ausspruch der Kündigung vom 12. April 1994. Es würde der Klägerin deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis und dem Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO fehlen, verstünde sich ihr Klagebegehren auch insoweit als eigenständiger Antrag.
Doch ist eben dies nicht der Fall. Die Klägerin hat in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz ausdrücklich erklärt, daß sie dem betreffenden Zusatz ihres Antrags keine eigenständige Bedeutung beigelegt wissen wolle. Aus ihrem sonstigen prozessualen Vorbringen ergibt sich nichts anderes. Der Antrag, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. Dezember 1994 hinaus festzustellen, ist ...