Revision zurückgewiesen 10.12.08
Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung. Eingruppierung eines Sozialversicherungsangestellten. Hypothetische Bewährungszeiten. Gleichheitssatz. Anrechnung hypothetischer Bewährungszeiten
Leitsatz (amtlich)
Keine Anwendung hypothetischer Bewährungszeiten, die als Beschäftigungszeiten bei einem ehemaligen Arbeitgeber verbracht wurden.
Leitsatz (redaktionell)
1. Zwar können Bewährungszeiten auch schon für Zeiträume zurückgelegt werden, die bereits vor Einführung eines Bewährungsaufstiegs durch eine Tarifnorm abgelaufen sind. Dies gilt dann nicht, wenn die Tarifpartner oder auch der Gesetzgeber festlegen, welche vormaligen Beschäftigungszeiten nach einer Tarifänderung in welchem Umfang berücksichtigt werden sollen. Eine Anrechnung hypothetischer Bewährungszeiten, die als Beschäftigungszeiten bei einem ehemaligen Arbeitgeber verbracht wurden, findet dann nicht statt.
2. Die Nichtberücksichtigung hypothetischer Bewährungszeiten bei der Bahnversicherungsanstalt im Rahmen der Anwendung der Vergütungsordnung der Knappschaft verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
KnAT; AnTV; TVÜD DRV KBS; TV DRV KBS; TVG § 1 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 31.01.2007; Aktenzeichen 5 Ca 1595/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 31.01.2007 – 5 Ca 1595/06 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der am 14.06.1964 geborene Kläger war seit dem 15.03.1992 bei der B1 (im Folgenden: B1) als Sozialversicherungsangestellter tätig. Die B1 fusionierte mit der B2 und der S1 im Rahmen einer Organisationsreform zur gesetzlichen Rentenversicherung am 01.10.2005 zur D1, der jetzigen Arbeitgeberin des Klägers, gegen die sich die Klage richtet. Die Tätigkeit des Klägers blieb unverändert.
Kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung fand der Tarifvertrag für die Angestellten des Bundeseisenbahnvermögens (AnTV) oder den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge sowie alle sonstigen für die Angestellten der B1 jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung. Die tarifrechtliche Eingruppierung des Klägers richtete sich bei der B1 nach der Vergütungsordnung in Anlage 1 zum Angestelltentarifvertrag (AnTV). Der Kläger war zuletzt in Vergütungsgruppe IVa, Anlage 1 Teil B AnTV eingruppiert. Teil B der Anlage 1 AnTV befasst sich mit der Eingruppierung von Angestellten auf Beamtendienstposten. In diesem Bereich erfolgt die Eingruppierung der ehemaligen Arbeitnehmer der B1 nicht nach Tätigkeitsmerkmalen, sondern alleine nach der beamtenrechtlichen Bewertung des übertragenen Dienstpostens.
Mit Wirkung vom 01.04.2002 wurde dem Kläger die Tätigkeit eines Abschnittsleiters „Ausbildung” zugewiesen, die mit „G 11 (Regierungsamtmann, Techn. Bundesbahnamtmann)” bzw. der Vergütungsgruppe IVa der Anlage 1 Teil B AnTV bewertet ist. Fallgruppen – mit oder ohne Bewährungsaufstieg – sind in dieser Vergütungsgruppe nicht enthalten.
Vor Inkrafttreten der Organisationsreform vereinbarten die B1 und die zuständige Gewerkschaft TRANSNET in einem Ergänzungstarifvertrag Nr. 2 zum AnTV vom 30.12.2004, dass die Vergütungsordnung des KnAT für deren Arbeitnehmer, also auch den Kläger, bereits ab dem 01.01.2005 greifen solle. Mit Schreiben vom 17.10.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei rückwirkend beginnend mit dem 01.01.2005 in die Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a Teil I C KnAT eingruppiert.
Dagegen wandte sich der Kläger und forderte eine tarifgerechte Eingruppierung, im Wesentlichen mit der Begründung, Bewährungszeiten seien nicht berücksichtigt worden. Mit Schreiben vom 20.02.2006 lehnte es die Beklagte ab, Bewährungszeiten des Klägers für die Zeit vor dem 01.01.2005 anzurechnen. Dazu führte sie u.a. aus, die Vergütungsordnung des KnAT sei erst seit dem 01.01.2005 auf das Arbeitsverhältnis anwendbar, weshalb Zeiten vor dem 01.01.2005 nicht auf die nach der jetzigen Vergütungsordnung vorgesehenen Fallgruppenaufstiege als Bewährungszeiten angerechnet werden könnten.
In einer Vereinbarung zwischen der Geschäftsführung der B2 und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft zur Neugestaltung des Tarifrechts der B2/D1 wurde unter Ziff. 10 festgelegt, dass Beschäftigungszeiten innerhalb der Deutschen Rentenversicherung trägerübergreifend als gleichwertig anerkannt werden.
Mit Wirkung vom 01.10.2005 wendet die Beklagte nun den Tarifvertrag für die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (TV DRV KBS) vom 23.08.2006 an, der weitgehend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) entspricht, wie er auf Bundesebene Anwendung findet. Die Überleitung der Beschäftigten erfolgt auf der Grundlage des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der D1 in den TV DRV KBS und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ DRV KBS) vom 28.08.2006. I...