Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristetes Arbeitsverhältnis. Altersdiskriminierung. Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz. Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Sachgrund der Haushaltsbefristung erfordert, dass die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen sind, geleistet wird. Die Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von vorübergehender Dauer vorgesehen sein. Erforderlich ist der überwiegende Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers entsprechend der Zwecksetzung der ausgebrachten Haushaltsmittel. Dabei sind die Umstände bei Vertragsschluss maßgeblich.

2. Gem. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG ist die Benachteiligung aus Gründen des Alters in Bezug auf die Beschäftigungsbedingungen unzulässig. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grunds eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

 

Normenkette

TzBfG § 17 S. 2, § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7; HG NW 2007 § 6 Abs. 8; AGG § 7 Abs. 2, §§ 1-2, 3 Abs. 1, § 15 Abs. 1-2, 6; BGB § 249 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen 3 Ca 78/08 O)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 7 AZR 238/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 29.04.2008 – 3 Ca 78/08 O – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 10.800,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.01.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 87 %, das beklagte Land zu 13 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund seiner Befristung sowie um Schadensersatz und Entschädigung wegen einer ungerechtfertigten Altersdiskriminierung.

Die am 09.06.1967 geborene, verheiratete, gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin war seit dem 02.01.2003 bei dem beklagten Land als Bewährungshelferin im Geschäftsbereich des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm, zugeordnet dem Landgericht A1 auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse beschäftigt. Ihr Einsatzort war B3. Aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung erzielte sie zuletzt eine Bruttomonatsvergütung von 1800,00 EUR.

Wegen der im Einzelnen abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge und ihrer Befristungsdauer wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 29.04.2008 (Bl. 55 d.A.) Bezug genommen.

Gem. § 3 Abs. 1 Bewährungshelfergesetz (BewhG) werden die Aufgaben der hauptamtlichen Bewährungshilfe in der Regel von Beamten wahrgenommen. Im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm werden 300 verbeamtete Bewährungshelfer, 4 Bewährungshelfer in unbefristeten Angestelltenverhältnissen und ca. 30 Bewährungshelfer in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Gem. § 35 Abs. 1 Laufbahnverordnung NW (LVO) darf in das Beamtenverhältnis besonderer Fachrichtung in der Laufbahn des gehobenen Dienstes nur übernommen werden, wer das 32. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Gem. § 6 Abs. 1 Satz 3 LVO NW darf die Altersgrenze höchstens um drei, bei mehreren Kindern höchstens um sechs Jahre überschritten werden, wenn sich die Einstellung oder Übernahme wegen der Geburt eines Kindes oder wegen der tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren verzögerte.

Mit Schreiben vom 10.07.2007 an den Präsidenten des Oberlandesgerichts und den Präsidenten des Landgerichts (Bl. 24 d.A.) nahm die Klägerin Bezug auf eine Information des Bezirkspersonalrates, nach der das beklagte Land beabsichtigte, allen Bewährungshelfern im Angestelltenverhältnis, die das 32. Lebensjahr vollendet hatten, keine weitere Vertragsverlängerung zu gewähren. Die Klägerin bat um Aufklärung über weitere Beschäftigungsmöglichkeiten über das Jahr 2007 hinaus.

Mit Schreiben vom 11.09.2007 (Bl. 48 d.A.) teilte der Präsident des Oberlandesgerichtes dem Bezirkspersonalrat seine Absicht mit, den Präsidenten des Landgerichts Arnsberg zu ermächtigen, die Klägerin in einem weiteren befristeten Teilzeitarbeitsverhältnis in der Zeit vom 12.11.2007 bis zum 31.12.2007 weiterzubeschäftigen. Als Sachgrund gab er vorübergehend freie Haushaltsmittel nach § 6 Abs. 8 HG NW aus der befristet nutzbaren Stelle aus Anlass der Teilzeitbeschäftigung der Sozialinspektorin B4 vom Landgericht Arnsberg im Umfang von 0,5 an.

Der Personalrat erteilte am 21.09.2007 seine Zustimmung.

Mit Schreiben vom 27.09.2007 (Bl. 25, 26 d.A.) teilte der Präsident des Oberlandesgerichtes der Klägerin u.a. Folgendes mit:

„Gem. § 3 Abs. 1 Bewährungshelfergesetz (BewhG) werden die Aufgaben der hauptamtlichen Bewährungshelfer in der Regel von Beamten übernommen.

Die Altersgrenze für eine Verbeamtung lieg...

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