Beteiligung Gleichstellungsbeauftragte für Befristung

Ein Vertretungslehrer klagte gegen das Land NRW auf Entfristung seines Arbeitsvertrags. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass die Befristung zur Vertretung einer erkrankten Kollegin gerechtfertigt war. Dabei handelt es sich bei der Befristung eines Arbeitsvertrags nicht um eine personelle Maßnahme im Sinne des Landesgleichstellungsgesetzes, die der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegt.

Vertretungslehrer klagte gegen Land NRW auf Entfristung

Geklagt hatte ein tarifbeschäftigter Lehrer des Landes Nordrhein-Westfalen. Er war seit dem 7.9.2015 auf Grund verschiedener befristeter Arbeits- bzw. Änderungsverträge angestellt, zuletzt zur Vertretung einer langzeiterkrankten Kollegin. Diese war seit Juli 2021 erkrankt und hatte dem Land im Dezember 2021 eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt, nach der von einer Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich Ende März 2022 auszugehen war.

Das Land beteiligte daraufhin den Personalrat zu der beabsichtigten Weiterbeschäftigung des Vertretungslehrers für den Zeitraum 10.1.2022-24.4.2022. Der vorangehende Vertrag war bis 9.1.2022 befristet.

Am 10.1.2022 übersandte der Personalrat die Zustimmung an das Land, woraufhin die Parteien noch am 10.1.2022 die befristete Weiterbeschäftigung des Vertretungslehrers vereinbarten. Eine gesonderte Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragen erfolgte dabei nicht.

Nach Ablauf der vereinbarten Befristung klagte der Lehrer vor dem Arbeitsgericht auf Entfristung und machte geltend, dass der Sachgrund der Vertretung nicht vorgelegen habe und die Befristung insbesondere mangels ordnungsgemäßer Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten unwirksam sei.

In §§ 17, 18 Landesgleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (LGG NW) heißt es auszugsweise:

§ 17 Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten

(1) Die Gleichstellungsbeauftragte unterstützt und berät die Dienststelle und wirkt mit bei der Ausführung dieses Gesetzes sowie aller Vorschriften und Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann haben oder haben können. Ihre Mitwirkung bezieht sich insbesondere auf

1. personelle Maßnahmen, einschließlich Stellenausschreibungen, Auswahlverfahren und Vorstellungsgespräche,

§ 18 Rechte der Gleichstellungsbeauftragten

Die Gleichstellungsbeauftragte ist frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören. Ihr sind alle Akten, die Maßnahmen betreffen, an denen sie zu beteiligen ist, vorzulegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn von einer Maßnahme abgesehen werden soll. Bei Personalentscheidungen gilt dies auch für Bewerbungsunterlagen, einschließlich der von Bewerberinnen und Bewerbern, die nicht in die engere Auswahl einbezogen werden, sowie für Personalakten nach Maßgabe der Grundsätze des § 83 Absatz 2 des Landesbeamtengesetzes.

Der Gleichstellungsbeauftragten ist innerhalb einer angemessenen Frist, die in der Regel eine Woche nicht unterschreiten darf, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. […]

Wird die Gleichstellungsbeauftragte nicht oder nicht rechtzeitig an einer Maßnahme beteiligt, ist die Maßnahme rechtswidrig.

Sachgrund: Befristung zur Vertretung

Das BAG urteilte, dass die Befristung zur Vertretung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt war: „Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis“. Im Fall der Krankheitsvertretung kann der Arbeitgeber grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Stammkraft nach der Genesung wieder zurückkehrt. Etwas anderes gilt nach Ansicht des BAG nur, wenn der Arbeitgeber daran erhebliche Zweifel haben musste, etwa weil der zu vertretene Arbeitnehmer bereits verbindlich erklärt hat, die Arbeit nicht wiederaufzunehmen. Weiter führt das BAG aus, dass der Vertretungslehrer nicht 1:1 die Aufgaben der erkrankten Lehrerin übernehmen musste, sondern es genügt, dass der Arbeitgeber die Aufgaben auch der erkrankten Lehrerin (bei deren Anwesenheit) in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht hätte zuweisen können. Erforderlich ist dann zwar zusätzlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss eine gedankliche Zuordnung vornimmt, die nach außen erkennbar und im Arbeitsvertrag dokumentiert ist. Dies war hier allerdings erfüllt, weil als Befristungsgrund im Vertrag ausdrücklich angegeben war: „Erkrankung der Lehrkraft [Name] “.

Befristungszeitraum darf länger bemessen sein als Erkrankung

Der Zeitraum der Befristung durfte auch geringfügig länger bemessen sein als die prognostizierte Arbeitsunfähigkeit der erkrankten Lehrerin. Wegen der schuljahres- und schulhalbjahresbezogenen Personalplanung für den Unterricht sowie der Osterferien 2022 wurde eine Rechtfertigung für die den prognostizierten Vertretungsbedarf überschreitende Befristungsdauer angenommen.

Keine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei Befristungsvereinbarung erforderlich

Auch die fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten führte schließlich aus Sicht des BAG nicht zur Unwirksamkeit der Befristung. Dabei führt das BAG allerdings zunächst aus, dass entgegen der vorinstanzlichen Ansicht des LAG nicht bereits wegen einer pauschalen Vereinbarung zwischen dem zuständigen Personaldezernat und den Gleichstellungsbeauftragten von einer Zustimmung ausgegangen werden kann.

Stattdessen handelt es sich bei der Befristung eines Arbeitsvertrags nach Auffassung des BAG gar nicht um eine personelle Maßnahme, die der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten in NRW unterliegt. Die Befristung des Arbeitsvertrags sei vielmehr von der (befristeten) Einstellung zu unterscheiden. Nach einer umfassenden Auslegung der §§ 17, 18 LGG NW gelangt das BAG zu dem Ergebnis, dass die Gleichstellungsbeauftragte (anders als bspw. der Personalrat) nicht das Interesse der Beschäftigten an dauerhaften arbeitsvertraglichen Bindungen vertreten und die Wirksamkeit einer Befristung (mit-)überprüfen soll, sondern vielmehr als Teil der Verwaltung für die Durchsetzung der Gleichstellung in der Dienststelle zu sorgen hat. Letzteres erfordert allerdings keine Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Individualvereinbarung einer Befristung.

Dabei hat es das BAG ausdrücklich offengelassen, ob im Falle der Erforderlichkeit einer Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten die unterlassene Beteiligung überhaupt zur Unwirksamkeit der Befristung hätte führen können: In § 18 Abs. 3 LGG NW ist nämlich als Rechtsfolge eines Verstoßes nicht die Rechtsunwirksamkeit, sondern „nur“ die Rechtswidrigkeit der Personalmaßnahme bestimmt.

(BAG, Urteil v. 12.6.2024, 7 AZR 203/23)


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