Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 26.02.1998; Aktenzeichen 4 Ca 2366/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das am 26.02.1998 verkündete Versäumnisurteil und das am 06.08.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bochum abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 825,97 DM brutto zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien, zwischen denen nach Maßgabe des für allgemeinverbindlich erklärten Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV-Einzelhandel) und des ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages vom 23.07.1993 über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (TV-Entgeltfortzahlung) seit dem 01.09.1995 ein Arbeitsverhältnis mit einer Beschäftigung des Klägers als Filialleiter in B… besteht, streiten um die Kürzung der Entgeltfortzahlung um 20 % in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 825,97 DM brutto aus Anlaß einer im Mai und Juni 1997 eingetretenen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers.
Hinsichtlich des unstreitigen Tatbestandes, der von beiden Parteien in erster Instanz vorgetragenen Behauptungen und Rechtsansichten sowie der von ihnen gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des am 06.08.1998 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Bochum Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat durch das erwähnte Urteil die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Gegen dieses, dem Kläger am 11.11.1998 zugestellte Urteil hat dieser mit einer am 10.12.1998 beim Landesarbeitsgericht eingelegten Schrift seiner Prozeßbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren am 04.01.1999 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen die vom Arbeitsgericht vertretene Auffassung und bekräftigt seine Ansicht, daß es sich bei dem Tarifvertrag über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vom 23.07.1993 um eine konstitutive tarifliche Regelung handele, die unabhängig von der gesetzlichen Norm eine 100 %-ige Entgeltfortzahlung vorsehe. Dies ergebe sich sowohl unmittelbar aus dem genannten Tarifvertrag als auch zumindest im Zusammenhang mit dem Übereinkommen der Tarifvertragsparteien vom 20.09.1996 zum Tarifvertrag über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vom 23.07.1993.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 06.08.1998 abzuändern und nach dem erstinstanzlich zuletzt gestellten Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts und beruft sich darauf, daß die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen keine eigene Regelung zur Höhe der Entgeltfortzahlung beinhalten würden.
Im übrigen wird wegen einiger Verdeutlichungen, Ergänzungen und Bekräftigungen des beiderseitigen Parteivorbringens sowie des Setzens anderer Akzente gegenüber dem Vortrag in erster Instanz auf den vorgetragenen Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die aufgrund entsprechender Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers hat Erfolg und führt zur entsprechenden Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Der Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung in Höhe von 825,97 DM brutto für die Dauer seiner unstreitigen Arbeitsunfähigkeit ist gerechtfertigt.
Gemäß Ziff. 1 Satz 1 TV-Entgeltfortzahlung haben in Fällen unverschuldeter, mit Arbeitsunfähigkeit verbundener Krankheit Beschäftigte des Einzelhandels im Land Nordrhein-Westfalen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, nicht jedoch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus. Diese tarifliche Bestimmung enthält gegenüber der gesetzlichen Regelung des § 4 EFZG noch keine eigenständige (konstitutive) Regelung zur Höhe der Entgeltfortzahlung und beinhaltet daher auch noch keinen Entgeltfortzahlungsanspruch des Angestellten im Krankheitsfall in Höhe von 100 % des regelmäßigen Arbeitsentgelts. Aber im Zusammenhang mit § 20 MTV-Einzelhandel und der Ziff. 2 TV-Entgeltfortzahlung ergibt sich, daß die Tarifvertragsparteien eine eigenständige, d.h. in ihrer normativen Wirkung von der gesetzlichen Norm unabhängige Regelung in Höhe der Entgeltfortzahlung von 100 % getroffen haben.
§ 20 Abs. 1 MTV-Einzelhandel steht in unmittelbarem Zusammenhang mit Ziff. 1 TV-Entgeltfortzahlung. Zusammen regeln sie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Nach § 20 Abs. 1 erhalten länger beschäftigte Angestellte ab der siebten Krankheitswoche einen Zuchuß vom Arbeitgeber in der Höhe des Differenzbetrages zwischen 90 % des Nettoeinkommens und dem Krankengeld. Diese Zuschußregelung ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG i...