Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung. falsche Arbeitszeitaufzeichnungen im schriftlichen Stundennachweis. Eigendiagnose der Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine wiederholte falsche für den Arbeitnehmer günstige Angabe von Arbeitsbeginn und/oder Arbeitsende bei verpflichtend selbst geführten Stundennachweisen stellt grundsätzlich einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses dar.

2. Eine bewusst falsche Erfassung der Arbeitszeit stellt einen derart schwerwiegenden Pflichtverstoß dar und zerstört das notwendige Vertrauen des Arbeitgebers dauerhaft, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich ist.

3. Die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung beginnt zu laufen, wenn der Kündigungsberechtigte die ihm nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Ermittlungsmaßnahmen abgeschlossen, insbesondere den Arbeitnehmer angehört hat.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1-2; BetrVG § 102 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 10.02.2005; Aktenzeichen 6 Ca 3856/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.02.2005 – 6 Ca 3856/04 – teilweise abgeändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 14.06.2004, der Klägerin zugegangen am 15.06.2004, aufgelöst worden ist.

Die Beklagte ist eine gemeinnützige GmbH. Sie betreibt eine Beschäftigungsförderungsgesellschaft für öffentlich geförderte Maßnahmen zur Förderung von Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten. In diesem Rahmen führt sie auch Reinigungsmaßnahmen durch, sowohl im eigenen Betrieb als auch in Drittbetrieben. Von den cirka 40 Reinigungskräften werden bei Drittunternehmen 30 Reinigungskräfte eingesetzt. Insgesamt beschäftigt die Beklagte cirka 200 Arbeitnehmer.

Die am 22.01.11xx geborene Klägerin ist verheiratet und einer Tochter zum Unterhalt verpflichtet. Ihr Ehemann befindet sich im Vorruhestand.

Die Klägerin trat am 24.10.1995 in die Dienste der Beklagten. Sie arbeitete als Reinigungskraft für 20 Stunden pro Woche in der regelmäßigen Arbeitszeit von 7.30 Uhr bis 11.30 Uhr. Eingesetzt wurde die Klägerin im Werkstattbereich der Beklagten. Ihre Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 690,– EUR.

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt der zwischen den Parteien am 01.02.2001 geschlossene Arbeitsvertrag (Bl. 57 f d.A.), in dem u.a. Folgendes vereinbart wurde:

§ 2

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Tarifvertrages zur Regelung der arbeitsrechtlichen Verhältnisse der bei der Werkstatt U1xx beschäftigten Arbeitnehmer/innen vom 25.08.1987 in Verbindung mit den in dem vorgenannten Tarifvertrag aufgeführten Tarifbestimmungen und den diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Dieses Arbeitsverhältnis unterliegt insbesondere den Bestimmungen der Sondervereinbarung k zum BMT-G II/BZT-G/NRW.

In Ziffer 2.7 der Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vom 01.02.2001 heißt es:

Wenn der Arbeitgeber die Führung eines Anwesenheitsbuches im Reinigungsobjekt fordert, hat sich die Arbeitnehmerin nach den dafür bestehenden Vorschriften wahrheitsgetreu und eigenhändig in dieses einzutragen. Wahrheitswidrige Eintragungen können als Urkundenfälschung verfolgt werden.

Die Klägerin verließ am 11.05.2004 ihren Arbeitsplatz vor Ende der regelmäßigen Arbeitszeit und wurde um 9.50 Uhr von dem für die Werkstatt verantwortlichen Meister W2xxxxxx in der Stadt gesehen.

Am 17.05.2004 verließ die Klägerin ebenfalls früher ihren Arbeitsplatz und wurde gegen 9.45 Uhr von dem Meister W2xxxxxx wiederum in der Stadt gesehen. Sowohl am 11.05.2004 als auch am 17.05.2004 gab die Klägerin im schriftlichen Stundennachweis für den Monat Mai 2004 als Ende der Arbeitszeit 12.00 Uhr an.

Die Klägerin legte ihren Stundenzettel für den Monat Mai 2004 (wegen des Inhalts wird auf Bl. 59 d.A. verwiesen) am 02.06.2004 bei der Beklagten vor. Sie wurde noch am 02.06.2004 in einem Personalgespräch mit den Vorwürfen, falsche Angaben gemacht zu haben, konfrontiert. Sie räumte diese Vorwürfe zumindest hinsichtlich des 11.05. und 17.05.2004 ein.

Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat wurde am 03.06.2004 zur beabsichtigten fristlosen Kündigung angehört. Auf den Anhörungsbogen nebst Aktennotiz und Stundenzettel (Bl. 30 ff d.A.) wird Bezug genommen. Der Betriebsrat bat um Verlängerung der Anhörungsfrist, der die Beklagte zustimmte. Er äußerte am 14.06.2004 Bedenken gegen eine fristlose Kündigung (Bl. 34 d.A.).

Am 15.03.2004 wurde der Betriebsrat zu der beabsichtigten ordentlichen Kündigung angehört. Der ordentlichen Kündigung stimmte der Betriebsrat am 16.06.2004 zu.

Die Beklagte kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge