Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung wegen des Verdachts einer schwerwiegenden Dienstverfehlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder sonstigen Verfehlung kommt als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht (Anschluss an BAG Urteil v. 20.08.1997 – 2 AZR 620/96).
2. Voraussetzung für eine Verdachtskündigung sind auf objektive Tatsachen gegründete Verdachtsmomente, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 05.04.2005; Aktenzeichen 5 Ca 2035/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.04.2005 – 5 Ca 2035/04 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung und um Weiterbeschäftigung.
Der am 02.10.1953 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind gegenüber unterhalts-verpflichtet. Er ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Er war seit dem 01.09.1971 beim Beklagten bzw. seinem Rechtsvorgänger, dem Kreis H3xxx, als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Er erhielt zuletzt eine Vergütung von 3.307,43 EUR brutto. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Anstellungsvertrag vom 27.02.1974 zugrunde. Wegen seiner Einzelheiten wird auf Bl. 28 f. d.A. Bezug genommen.
Der Kläger war zuletzt in der Abteilung 3.5 Jugend, Familie und Sozialer Dienst im Bereich der wirtschaftlichen Jugendhilfe eingesetzt. Sein Dienstsitz war das Kreishaus des Beklagten in R1xxx-W3xxxxxxxxx. Der Beklagte beschäftigt mehr als 5 Mitarbeiter ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Es existiert eine Personalvertretung.
Mit Schreiben vom 25.05.2001 händigte der Beklagte jedem seiner Mitarbeiter ein Exemplar der allgemeinen Dienst- und Geschäftsanweisung aus, die unter anderem auf die Regelungen der Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit verweist, die den Mitarbeitern des Beklagten ebenfalls ausgehändigt wurde. In der genannten Dienstanweisung ist unter anderem geregelt, dass die Anwesenheitszeit eines Beschäftigten mit Hilfe eines rechnerisch gesteuerten Zeiterfassungssystems registriert wird. Der Einsatz erfolgt zur Erfassung und Aufrechnung der geleisteten Arbeitszeiten der Beschäftigten und zur Kontrolle der Einhaltung der Regelungen der Dienstvereinbarung. Jeder Beschäftigte verfügt zu diesem Zwecke über einen codierten Ausweis. Bei Beginn und Beendigung von Arbeitszeiten sind an den Zeiterfassungsterminals nach Einstecken des Ausweises entsprechende Statusbuchungen zu veranlassen. In der Regel sind die Buchungen an dem Zeiterfassungsgerät vorzunehmen, das dem Arbeitsplatz am nächsten installiert ist. Zur Gewährung von Überstundenausgleich ist in der Dienstvereinbarung geregelt, dass der Vorgesetzte Arbeitsbefreiung gewähren kann, wenn ein entsprechendes Zeitguthaben vorhanden ist und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Nach Ablauf eines Monats werden Arbeitszeiterfassungsbögen aus-gedruckt, die auch den Beschäftigten jeweils in den ersten Tagen des Folgemonats ausgehändigt werden. Aus diesen Bögen lässt sich entnehmen, an welchen Tagen jeweils zu welchen Uhrzeiten unter Verwendung des codierten Ausweises derartige Buchungen vorgenommen worden sind und welche Plus- bzw. Minusarbeitsstunden in dem jeweiligen Monat angefallen sind bzw. saldomäßig noch bestehen. Da der Kläger von der automatisierten Zeiterfassung nicht befreit war, galten die genannten Bestimmungen auch für ihn.
Auf Antrag des Klägers wurde ihm für Freitag, den 16.04.2004 Arbeitsbefreiung unter Verrechnung auf geleistete Mehrarbeitsstunden gewährt, die der Kläger auch in Anspruch nahm. Am 06.05.2004 fiel der Vorgesetzten des Klägers, der Zeugin T2xxxxx, bei Durchsicht des für den Monat April 2004 vorliegenden Stempelkartenauszugs des Klägers auf, dass mit der Stempelkarte des Klägers am 16.04.2004 am Terminal 200 im Kreishaus in G1xxxxxxx im Gebäudeteil 6 um 7.02 Uhr eine Kommen-Buchung und um 15.22 Uhr ebenfalls im Kreishaus in G1xxxxxxx im Gebäudeteil 2 am Terminal 500 eine Gehen-Buchung vorgenommen wurde. Hierüber fertigte die Zeugin T2xxxxx am gleichen Tage einen Vermerk, mit dem sie auf dem Dienstweg die Leiterin des Service 1.2 Personal, Organisation und IT, die Zeugin H4xxxxxxx, in Kenntnis setzte. In Abstimmung mit der Zeugin H4xxxxxxx überprüfte die Zeugin T2xxxxx am 10.05.2004 die Eintragungen des Klägers im Zeiterfassungssystem rückwirkend ab Oktober 2003. Dabei stellte sie unter anderem fest, dass am Montag, den 01.03.2004 am Terminal 200 im Kreishaus in G1xxxxxxx für den Kläger eine Kommen-Buchung um 8.25 Uhr und am selben Terminal eine Gehen-Buchung ...