Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Beteiligung des Betriebsrats bei außerordentlicher Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers aus betrieblichen Gründen
Leitsatz (amtlich)
Im Falle der außerordentlichen Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers aus betrieblichen Gründen hat der Arbeitgeber der Mitarbeitervertretung mitzuteilen, welche Maßnahmen zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers er geprüft und aus welchen Gründen er diese als unzumutbar verworfen hat.
Normenkette
AVR Caritas §§ 14-15; MAVO § 30; BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 12.11.2013; Aktenzeichen 1 Ca 1449/12) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford - 1 Ca 1449/12 - vom 12.11.2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, die die Beklagte auf betriebliche Gründe stützen will.
Die Klägerin war seit 1988 als medizinische technische Laborassistentin (MTLA) im G1 in Herford tätig. Sie wurde am 07.08.1967 geboren, ist ledig und keinen Personen gegenüber unterhaltspflichtig. Seit 1989 betreibt die Beklagte das G1. Sie führt darüber hinaus ein Krankenhaus in Bielefeld (das G2) sowie ein Krankenhaus in Rheda-Wiedenbrück (das G). Nachdem die Klägerin zunächst befristet beschäftigt war, schlossen die Parteien unter dem 22.04.1992 einen unbefristeten Dienstvertrag ab. Nach § 2 dieses Dienstvertrages gelten die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung.
In den AVR heißt es, soweit hier von Interesse:
§ 14 Ordentliche Kündigung
[...]
(5) Nach einer Beschäftigungszeit ( § 11) von 15 Jahren bei demselben Dienstgeber, frühestens jedoch nach dem vollendeten 40. Lebensjahr des Mitarbeiters, ist eine ordentliche Kündigung durch den Dienstgeber ausgeschlossen, soweit nicht § 15 etwas anderes bestimmt.
§ 15 Sonderregelung für unkündbare Mitarbeiter
(1) Dem grundsätzlich unkündbaren Mitarbeiter kann vom Dienstgeber außer nach § 16 Abs. 2 gekündigt werden, wenn der Mitarbeiter nicht weiterbeschäftigt werden kann, weil die Einrichtung, in der er tätig ist,
a) wesentlich eingeschränkt oder
b) aufgelöst wird.
(2) Liegen keine Kündigungsgründe nach § 15 Abs. 1 oder § 16 Abs. 2 vor, ist dem Dienstgeber eine Kündigung des Dienstverhältnisses aus anderen Gründen nicht gestattet. 2Der Dienstgeber kann jedoch beim Vorliegen sonstiger wichtiger Gründe das Dienstverhältnis zum Zwecke der Herabgruppierung des Mitarbeiters um eine Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe kündigen. 3Sonstige wichtige Gründe sind dann gegeben, wenn eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dienstlichen Gründen nachweisbar nicht möglich ist oder der Mitarbeiter dauernd außerstande ist, diejenigen Arbeitsleistungen zu erbringen, die er nach seinem Dienstvertrag zu erbringen hat und die nachweislich für die Einstufung in seine Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe maßgebend sind.
[...]
(4) 1Die Kündigung eines grundsätzlich unkündbaren Mitarbeiters (§ 14 Abs. 5) nach den Bestimmungen des § 15 ist nur mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres zulässig. 2Lehnt der Mitarbeiter die Fortsetzung des Dienstverhältnisses zu den ihm angebotenen geänderten Vertragsbedingungen ab, so gilt das Dienstverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist als vertragsgemäß aufgelöst (§ 19 Abs. 2).
§ 16 Außerordentliche Kündigung
(1) 1Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB kann das Dienstverhältnis von beiden Vertragsparteien ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. 2Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor bei Vertrauensbrüchen oder groben Achtungsverletzungen gegenüber Angehörigen der Dienstgemeinschaft, leitenden Personen oder wesentlichen Einrichtungen der Katholischen Kirche, bei schweren Vergehen gegen die Sittengesetze der Kirche oder die staatliche Rechtsordnung oder bei sonstigen groben Verletzungen der sich aus den AVR ergebenden Dienstpflichten.
3Eine Kündigung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund ist zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen des Dienstgebers und des Mitarbeiters die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (§ 14) oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses (§ 19 Abs. 1, 3 und 4) nicht zugemutet werden kann.
(2) Einem Mitarbeiter, dem gegenüber nach § 14 Abs. 5 die ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen ist, kann aus einem in seiner Person oder in seinem Verhalten liegenden wichtigen Grunde fristlos gekündigt werden.
[...]
Im Herbst 2012 entschloss sich die Beklagte, das Labor des G1 aufzulösen. Dort war unter anderem auch die Klägerin beschäftigt...