Entscheidungsstichwort (Thema)

Spätarbeitszulage. tarifliche Differenzierung zwischen Teilzeitbeschäftigten, die in Wechselschicht und solchen, die nicht in Wechselschicht arbeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die tarifliche, zulagenrelevante Unterscheidung von Teilzeitbeschäftigten, die in Wechselschicht arbeiten und Teilzeitbeschäftigten, die nicht in Wechselschicht arbeiten, bedeutet eine vom verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz nicht gedeckte Ungleichbehandlung.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; MTV Metall NRW § 5 Ziff. I 2 1, § 6 Ziff. 1 b

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 09.01.2002; Aktenzeichen 5 Ca 4165/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.09.2003; Aktenzeichen 10 AZR 675/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 09.01.2002 – 5 Ca 4165/01 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 07.07.2001 bis 31.12.2001 nach § 1 DÜG und für die Zeit seit dem 01.01.2002 nach § 247 Abs. 1 BGB zu zahlen hat.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer tariflichen Spätarbeitszulage.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit Juni 1989 als Montiererin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (im Folgenden: MTV Metall NRW) vom 11.12.1996 i.d.F. vom 23.10.1997/28.03.2000 Anwendung.

Die Beklagte stellt in ihrem Betrieb Elektroinstallationsteile her, wie z.B. Lichtschalter. Steckdosen und ferngesteuerte Elektroanlagen. Dazu werden Einzelteile auf Metall und Kunststoff montiert. Die Produktion erfolgt mehrschichtig.

In der von 6.00 Uhr bis 14.15 Uhr reichenden Frühschicht arbeiten etwa 57 männliche Arbeitnehmer und 53 weibliche Arbeitnehmerinnen vollzeitig. Weitere 71 Arbeitnehmerinnen sind teilzeitbeschäftigt mit unterschiedlichen Zeitkontingenten. In der von 13.00 Uhr bis 20.00 Uhr reichenden Spätschicht sind 44 Arbeitnehmerinnen teilzeitbeschäftigt. Von diesen arbeiten 36 zwischen 13.00 Uhr und 20.00 Uhr zu insgesamt 31 Wochenstunden; unter ihnen die Klägerin, die wöchentlich an fünf Tagen tätig ist. Acht Mitarbeiterinnen sind in der Zeit von 14.00 Uhr bis 19.30 Uhr in der 25-Stunden-Woche beschäftigt. Weitere fünf Mitarbeiter arbeiten in der Spätschicht vollzeitig von 12.15 Uhr bis 20.00 Uhr.

Die Klägerin erhält einen Ecklohn im Sinne des § 6 Ziffer 1 b MTV Metall NRW von 21,38 DM je Stunde.

Im Monat Dezember 2000 leistete die Klägerin 64,5 Stunden Spätarbeit, im Monat Januar 2001 75,5 Stunden Spätarbeit, im Monat Februar 2001 106 Stunden Spätarbeit und im Monat März 2001 64,5 Stunden Spätarbeit.

Mit Schreiben vom 21.02.2001 machte die Klägerin durch die IG Metall Spätarbeitszuschläge für die Monate Dezember 2000 und Januar 2001 geltend, mit Schreiben vom 26.04.2001 für die Monate Februar und März 2001. Wegen des Inhalts der beiden Schreiben wird auf Bl. 7–9 d.A. verwiesen. Die Beklagte leistete keine Zahlung.

Mit ihrer am 22.06.2001 eingereichten Zahlungsklage hat die Klägerin ihren Anspruch auf die Spätarbeitszulage weiter verfolgt. Sie hat gemeint, die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 5 Ziffer I 2 1. Abs. 6 Ziffer 1 b MTV Metall NRW lägen vor. Zwar leiste sie keine Wechselschicht, doch sei diese für Teilzeitbeschäftigte in § 5 Ziff. I 2 1. Abs. MTV Metall NRW genannte Einschränkung wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des TzBfG bzw. des BeschFG unwirksam. Die relativ geringfügige Mehrbelastung der Vollzeitbeschäftigten ihr gegenüber rechtfertige nicht ihre Herausnahme aus der Zulage.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 509,61 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 07.07.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Herausnahme der Klägerin aus Spätarbeitszulage für gerechtfertigt gehalten, da die Klägerin weder den Belastungen einer vollen Schicht noch denen einer Wechselschicht ausgesetzt sei. Die tarifliche Spätarbeitszulage sei als Belastungsausgleichsentgelt vorgesehen wegen der Lage der Arbeitszeit und der Wechselschichttätigkeit. Die Tarifvertragsparteien seien bei Tarifabschluss davon ausgegangen, dass in mehrschichtig arbeitenden Betrieben stets in der Wechselschicht gearbeitet werde. Auch könne die Klägerin keine Besserstellung gegenüber den in Wechselschicht tätigen Vollzeitbeschäftigten verlangen, denn diese erhielten die Spätarbeitszulage nur zweiwöchentlich.

Durch Urteil vom 09.01.2002 hat das Arbeitsgericht Dortmund der Klage stattgegeben und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der tarifliche Anspruch der Klägerin auf die Zahlung der begehrten Spätarbeitszulage sei nicht gemäß § 5 Ziffr. I 2 1. Abs. MTV Metall NRW ausgeschlossen. Denn diese tarifliche Regelung verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes....

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?