Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung wegen Krankheit nicht genommenen Urlaubs. Frist für die Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die tarifliche Übertragungsbestimmung für wegen Krankheit nicht genommenen Urlaubs in § 11 Nr. 1 Abs. 3 EMTV-Metall NRW erfasst in europarechtskonformer Weise sowohl den gesetzlichen Mindesturlaub als auch den tariflichen Mehrurlaub und stellt dadurch den Gleichlauf zwischen gesetzlichem und tariflichem Urlaubsanspruch her.

2) Endet ein Arbeitsverhältnis im Verlauf eines Monats, so wird der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gem. § 271 BGB frühestens mit Ablauf des Monats fällig, wenn die Abrechnung und Zahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts erst nach Ablauf eines Kalendermonats vorgenommen wird und es bezüglich der Auszahlung der Urlaubsabgeltung keine anderweitigen betrieblichen Gepflogenheiten gibt.

 

Normenkette

EMTV-Metall NRW § 11 Nr. 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 21.01.2010; Aktenzeichen 4 Ca 955/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.04.2014; Aktenzeichen 9 AZR 550/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 21.01.2010 - 4 Ca 955/09 - unter jeweiliger Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt gefast:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.524,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 42,12 %, die Beklagte zu 57,88 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Urlaubsabgeltungsansprüche.

Die Klägerin war vom 14.03.1984 bis zum 10.12.2008 bei der Beklagten als Monteurin beschäftigt. Sie bezog zuletzt ein monatliches Grundentgelt in Höhe von 1.674,61 € brutto. Durch Prämienzulagen und sonstige regelmäßige Entgeltbestandteile (Gruppenprämie, Nachtzulage, Spätschichtzulage) erzielte die Klägerin im Durchschnitt eine Erhöhung ihres Grundentgelts von 30,92 € täglich. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Bereich der Metallindustrie NRW gültigen Tarifverträge Anwendung.

Die Klägerin war seit dem 31.01.2006 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 01.08.2006 bezog sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die zunächst bis zum 31.07.2008, sodann bis zum 30.09.2008 befristet war. Mit Bescheid vom 05.08.2008 wurde diese Rente als Dauerrente bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weitergewährt. Die Rente beläuft sich auf monatlich 901,99 €.

Mit Erklärung vom 10.12.2008 (Bl. 36 d.A.) kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 10.12.2008. Unter dem 09.01.2009 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Entgeltabrechnung für Dezember 2008 (Bl. 186 d.A.), in der der Urlaubsanspruch der Klägerin mit null Tagen angegebenen war. Eine zuvor am 05.12.2008 für November 2008 erteilte Abrechnung wies demgegenüber einen Urlaubsanspruch von 13 Urlaubstagen aus (Bl. 5 d.A.).

Im einheitlichen Manteltarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2003 (im Folgenden: EMTV) sind die Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer in den §§ 11 bis 14 geregelt. Nach § 13 Abs. 1 EMTV beträgt der Urlaub für Beschäftigte 30 Arbeitstage bei einer Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf 5 Tage pro Woche. In den tariflichen Bestimmungen heißt es u.a.:

"§ 11

Grundsätze der Urlaubsgewährung

1. Beschäftigte/Auszubildende haben nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.

Konnte der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden, erlischt der Urlaubsanspruch 12 Monate nach Ablauf des Zeitraums nach Absatz 2.

3. Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses/Ausbildungsverhältnisses zulässig.

Die Urlaubsabgeltung entfällt ausnahmsweise, wenn der/die Beschäftigte durch eigenes schwerwiegendes Verschulden aus einem Grund entlassen worden ist, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt oder das Arbeitsverhältnis unberechtigt vorzeitig gelöst hat und in diesen Fällen eine grobe Verletzung der Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis vorliegt.

Die hiernach verwirkte Urlaubsvergütung ist im Einvernehmen mit dem Betriebsrat einer betrieblichen Unterstützungseinrichtung zuzuführen oder sonst zugunsten der Beschäftigten zu verwenden. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Zuführung oder Verwendung ist nach § 24 zu verfahren.

§ 12 Allgemeine Urlaubsbestimmungen

§ 13 Urlaubsdauer

§ 14 Urlaubsvergütung

1. Den Beschäftigten und Auszubildenden wird während des Urlaubs das regelmäßige Arbeitsentgelt/die regelmäßige Ausbildungsvergütung weitergezahlt (be...

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