Leitsatz (amtlich)
Die Rückzahlung einer Gratifikation kann vertraglich auch allgemein vom Ausscheiden des Arbeitnehmers vor einem bestimmten Stichtag oder von einer Vertragsbeendigung abhängig gemacht werden, ohne an eine Kündigung seitens des Arbeitnehmers oder an eine schuldhafte Pflichtverletzung anzuknüpfen. In einem derartigen Fall ist der Arbeitnehmer auch bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung innerhalb der Probezeit zur Rückzahlung der Gratifikation verpflichtet.
Die Rückzahlung scheidet nach § 162 BGB nur dann aus, wenn die Kündigung innerhalb der Probezeit lediglich deshalb ausgesprochen worden ist, um den Rückzahlungsanspruch geltend machen zu können (im Anschluß an BAG, Urteil vom 04.05.1999 – 10 AZR 417/98 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Normenkette
BGB §§ 611, 162
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Urteil vom 26.02.1999; Aktenzeichen 2 Ca 1439/98) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 26.02.1999 – 2 Ca 1439/98 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Weihnachtsgratifikation.
Der Kläger war seit dem 01.07.1997 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 14.07.1997 (Bl. 16 ff. d. A.) als kaufmännischer Mitarbeiter zu einem monatlichen Bruttogehalt von 3.600,– DM tätig. Nach § 4 des Arbeitsvertrages hatten die Parteien für die Zeit bis zum 31.12.1997 eine Probezeit vereinbart, während der unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 14 Tagen gekündigt werden konnte.
In § 2 Ziff. 4 des Arbeitsvertrages war folgendes festgelegt:
„… Nach einer Tätigkeit von 12 Monaten erhält der Arbeitnehmer eine freiwillige Weihnachtsgratifikation in Höhe eines monatlichen Brutto-Gehaltes. Scheidet der Arbeitnehmer nach Empfang der freiwilligen Weihnachtsgratifikation vor dem 31. März des darauffolgenden Jahres aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so verpflichtet sich der Arbeitnehmer die volle Gratifikation zurückzuzahlen. Für das Jahr 1997 erhält der Arbeitnehmer die Gratifikation anteilmäßig ausgezahlt…”
Mit dem Gehalt für November 1997 erhielt der Kläger eine anteilige Weihnachtsgratifikation in Höhe von 1.800,– DM brutto.
Nachdem die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit fristgemäß gekündigt hatte, schied der Kläger zum 12.01.1998 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Mit der Abrechnung für Januar 1998 brachte die Beklagte die gezahlte Weihnachtsgratifikation in Höhe von 1.800,– DM brutto in Abzug. Hiermit erklärte sich der Kläger mit Schreiben vom 19.02.1998 (Bl. 4 f. d. A.) nicht einverstanden und forderte die Wiederauszahlung des Betrages von 1.800,– DM brutto. Da die Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, erhob der Kläger am 11.08.1998 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Rückforderung der Weihnachtsgratifikation nicht berechtigt gewesen. Er, der Kläger, sei nicht aufgrund einer Arbeitnehmerkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, auch nicht aufgrund einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers. Sein Ausscheiden sei vielmehr aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten ohne jegliches Eigenverschulden erfolgt. Aus diesem Grunde könne die arbeitsvertragliche Rückzahlungsklausel keine Wirksamkeit entfalten.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 1.800,– DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 04.03.1998 aus dem sich ergebenden Nettobetrag zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die in § 2 Ziff. 4 des Arbeitsvertrages getroffene Rückzahlungsklausel für wirksam und bestreitet, daß die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erfolgt sei. Die Kündigung sei vielmehr in zulässiger Weise während der Probezeit ausgesprochen worden. Auch für diesen Fall bestehe nach der arbeitsvertraglichen Rückzahlungsklausel ein Rückforderungsrecht hinsichtlich der Weihnachtsgratifikation.
Durch Urteil vom 26.02.1999 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die vertraglich vereinbarte Rückzahlungsklausel sei wirksam. Eine unzumutbar lange Bindungsdauer sei nicht gegeben. Grundsätzlich seien Rückzahlungsvorbehalte bei Gratifikationen über 200,– DM bis zum 31.03. des Folgejahres wirksam. Eine Rückzahlungsklausel werde auch dann für rechtmäßig erachtet, wenn das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werde. Aufgrund der vereinbarten Rückzahlungsklausel sei lediglich entscheidend, daß der Arbeitnehmer über den 31.03. des Folgejahres nicht mehr beschäftigt sei. Rechtliche Bedenken gegen das Rückzahlungsbegehren der Beklagten bestünden insoweit nicht. Auch nach den Bestimmungen des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im Groß- und Außenhandel NRW stehe dem Kläger kein Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung zu, da der Kläger am 01.12. des Auszahlungsjahres noch keine ununterbrochene Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten aufweisen könne.
Gegen das dem Kläger am 17.03.1999 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheid...