Entscheidungsstichwort (Thema)

Bonuszahlung bei Ausscheiden aus Arbeitsverhältnis. Vorrang einer individuellen Bonusregelung im Unternehmen bei Verweis im Sozialplan. Keine Anspruchsgrundlage für Gewährung eines Bonus für ausscheidenden Arbeitnehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Enthält zum einen ein Sozialplan die Regelung, dass ausscheidende Arbeitnehmer im Jahr des Ausscheidens ein Bonus "gemäß der jeweils gültigen Bonusregelung" anteilig gezahlt wird, und wird zum anderen in der diese Bonusregelung betreffenden Konzernbetriebsvereinbarung normiert, dass Mitarbeiter einen Bonus erhalten, "sofern das Unternehmen bzw. Unternehmenseinheit ... eine Bonusgewährung vorsieht", besteht kein Anspruch des ausscheidenden Arbeitnehmers, wenn aufgrund einer Entscheidung im Konzern auch im Unternehmen des Arbeitgebers kein Bonus für das Jahr des Ausscheidens gewährt werden wird

 

Normenkette

BGB § 611a Abs. 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 112; ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 08.06.2021; Aktenzeichen 4 Ca 1684/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 8. Juni 2021 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin einen anteiligen Jahresbonus für das Jahr ihres Ausscheidens zu zahlen.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein dem A-Konzern angehöriges Unternehmen. Sie ist eine von mehreren Tochtergesellschaften der A Europa SE.

Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen seit dem 1. Januar 1992 als AT-Mitarbeiterin in der Abteilung Ethik und Compliance beschäftigt. Sie schied auf der Grundlage eines Aufhebungsvertrages vom 22. August 2018 mit dem Ablauf des 30. Juni 2020 aus dem Arbeitsverhältnis aus. § 11 des Aufhebungsvertrages lautet wie folgt:

Anspruchsabgeltung

Soweit sich aus dieser Vereinbarung nichts anderes ergibt, sind mit deren Zustandekommen alle Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Rahmensozialplan vom 08.12.2014 sowie den ihn ergänzenden Regelungen erledigt und abgegolten. Von dieser Abgeltungsklausel nicht erfasst sind (etwaige) Ansprüche des Arbeitnehmers gemäß § 12 des vorerwähnten Sozialplans auf den (anteiligen) Jahresbonus und auf Aktienzuteilungen. ...

Weitere Regelungen zum Jahresbonus befinden sich nicht im Aufhebungsvertrag (vgl. Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 11 ff. d. A.). Der vorgenannte Rahmensozialplan vom 8. Dezember 2014 (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 15 ff. d. A.) enthält in § 12 folgende Regelung:

§ 12 Bonus; Aktienprogramme

1. Im Austrittsjahr erhalten Mitarbeiter einen Bonus gemäß der jeweils gültigen Bonusregelung zeitanteilig, sofern das Arbeitsverhältnis im Austrittsjahr mindestens drei Monate bestanden hat, mit anderen Worten der Austrittstermin des Arbeitsverhältnisses nicht vor dem 31.03. des jeweiligen Kalenderjahres liegt. Sollte das Austrittsdatum vor dem 01.07. liegen, wird der Bonus pauschal mit einem Gesamtfaktor 1,0 (Group-, SPU, - und persönliche Zielerreichung) berechnet.

Für Austritte ab dem 01.07. eines Jahres muss ein ausgefüllter und abgeschlossener "My Plan" vorliegen. Liegt zum Austrittstermin noch kein Group- bzw. SPU-Faktor zur Berechnung vor, wird der Bonus für diese beiden Komponenten auf der Basis "DE - 1,0" ermittelt; der individuelle Faktor wird im Zielerreichungsgespräch zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter vereinbart. ...

Bezüglich der Zahlung von Boni gilt bei der A Europa SE und ihren Tochtergesellschaften eine "Konzernbetriebsvereinbarung über das Bonussystem ACB (Annual Cash Bonus)" vom 13. Juni 2012 (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K3 zur Klageschrift, Bl. 29 ff. d. A.). In deren Präambel heißt es u. a.:

Im Rahmen des weltweit geltenden Bonussystems zahlen die oben aufgeführten Gesellschaften der A Europa SE ihren Mitarbeitern jährlich einen Bonus, sofern das Unternehmen bzw. die Unternehmenseinheit (R&M) eine Bonusgewährung vorsieht. Die Bonuszahlung dient der Würdigung der erbrachten Leistungen, aber auch als Motivation für die Zukunft. Diese Betriebsvereinbarung regelt das Verfahren zur Ermittlung der Höhe des Individualbonus aller Mitarbeiter, die einer individuellen Zielerreichung/-beurteilung im Rahmen des Performance Management Systems "My Plan" unterliegen.

Die abschließende Bewertung, ob es einen Bonustopf gibt, erfolgt nie im Geschäftsjahr (Performancejahr), weil die Höhe des Budgets abhängig vom Jahresabschluss bzw. verschiedenen Kennzahlen (Scorecard) ist, welche immer erst im Januar des Folgejahres abschließend durch das Remumeration Committee bewertet werden können.

Unter dem 18. Juni 2020 vereinbarten die Konzernbetriebspartner "Änderungen zum Annual Cash Bonus (ACB)" für die Zeit ab dem Geschäftsjahr 2020, welche vor allem die Zahl der für die Berechnung des Bonus zu berücksichtigenden Faktoren reduzierten (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 36 ff. d...

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