Entscheidungsstichwort (Thema)
Lehrer. Lehramtsbewerber. Bewerber. Lehramt. Einstellung. Listenverfahren. Ausschluss. Ablehnung. Angebot. Bestenauslese
Leitsatz (amtlich)
Der zweijährige Ausschluss von Lehramtsbewerbern aus dem sog. Listenverfahren, wenn sie ohne schwerwiegenden Grund die Annahme einer Lehrerstelle abgelehnt haben, verstößt gegen den Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) und ist deshalb rechtsunwirksam.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Arnsberg (Urteil vom 05.02.2002; Aktenzeichen 1 (3) Ca 1439/01) |
Tenor
Die Berufung des beklagten L6xxxx gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 05.02.2002 – 1 (3) Ca 1439/01 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der erste Satz des Tenors folgende Fassung erhält:
Das beklagte L2xx wird verurteilt, die Bewerbung der Klägerin um Einstellung in den Schuldienst des L6xxxx N1xxxxxxx-W4xxxxxxx im landesweiten Listenverfahren auch zum Schuljahresbeginn 2003/2004 zu berücksichtigen.
Das beklagte L2xx hat die Kosten des Berufungsverfahrens zur tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin mit einer Bewerbung um die Einstellung in den Schuldienst im landesweiten Listenverfahren vorübergehend ausgeschlossen ist.
Die Klägerin, eine ausgebildete Lehrerin, bewarb sich zum Schuljahresbeginn 2001/2002 um Einstellung in den Schuldienst des beklagten L6xxxx. Dies geschah im sogenannten Listenverfahren, bei der die Bewerbung in eine entsprechende Datei aufgenommen wird und alle Bezirksregierungen die Einstellungsmöglichkeiten prüfen.
Zunächst hatte die Klägerin als Einsatzgebiet das gesamte Land Nordrhein-Westfalen angegeben. Durch eine schriftliche Mitteilung vom 11.09.2001, eingegangen bei der Bezirksregierung Arnsberg am 14.09.2001, änderte sie ihre Ortswünsche und beschränkte ihren Einsatz auf den Märkischen und Ennepe-Ruhr-Kreis sowie auf den Kreis Olpe und die Städte Hagen und Dortmund.
Ebenfalls mit Schreiben vom 11.09.2001 teilte ihr die Bezirksregierung Detmold mit, man beabsichtige die Einstellung und die Zuweisung zu einer Grundschule im Kreis Minden-Lübbecke.
Mit Schreiben vom 17.09.2001 lehnte die zum damaligen Zeitpunkt in L5xxxxxxxxx wohnhafte Klägerin dieses Angebot ab unter Verweis auf eine unerwartete Verschlechterung der gesundheitlichen Situation ihres Vaters, den sie – neben ihrer berufstätigen Mutter – täglich betreuen müsse.
Daraufhin teilte die Bezirksregierung Arnsberg ihr am 02.10.2001 mit, dass sie zwei Jahre lang von allen Listenverfahren in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen sei. Dabei stützte man sich auf einen Runderlass des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10.11.2000, in dem es unter III.3.4 u. a. heißt:
„Bewerberinnen oder Bewerber, die im Listenverfahren ein der Bewerbung entsprechendes Einstellungsangebot … ablehnen, sind für einen Zeitraum von zwei Schuljahren von jedem Listenverfahren ausgeschlossen, es sei denn, die Annahme des Einstellungsangebotes ist ihnen aus schwerwiegenden Gründen nicht zumutbar gewesen. Es können nur solche Gründe berücksichtigt werden, die nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingetreten und der Einstellungsbehörde (Bezirksregierung) unverzüglich mitgeteilt worden sind. Bei schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 gilt diese Unzumutbarkeit als gegeben. Die Sperrfrist beginnt mit dem Schuljahr, in dem nach dem jeweiligen Einstellungsangebot der Dienst angetreten werden sollte.”
Darauf war die Klägerin auch am Ende des Schreibens der Bezirksregierung Detmold vom 11.09.2001 sowie im Vordruck „Annahme-/Absageerklärung” hingewiesen worden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der zweijährige Ausschluss vom Listenverfahren sei mit den in Art. 33 Abs. 2 GG niedergelegten Grundsätzen unvereinbar.
Sie hat beantragt,
das beklagte L2xx N1xxxxxxx-W4xxxxxxx zu verurteilen, die Bewerbung der Klägerin um Einstellung in den Schuldienst des L6xxxx N1xxxxxxx-W4xxxxxxx im landesweiten Listenverfahren zu berücksichtigen.
Das beklagte L2xx hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Meinung vertreten, die Klägerin unterliege aufgrund der Erlasslage zu Recht einer zweijährigen Sperre im Listenverfahren; dabei dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass alle Stellen im Ausschreibungsverfahren veröffentlicht und im Listenverfahren nur verbleibende Reststellen vergeben würden.
Das Arbeitsgericht hat – nach Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung durch ein rechtskräftiges Urteil vom 27.11.2001 im Verfahren Arbeitsgericht Arnsberg (1 Ga 22/01) – mit Urteil vom 05.02.2002 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, durch den zweijährigen Ausschluss vom Listenverfahren verstoße das beklagte L2xx gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Denn allein der Umstand, dass ein Einstellungsangebot abgelehnt werde, führe nicht zur Ungeeignetheit des Bewerbers, namentlich in charakterlicher Hinsicht, wobei konkret auch zu berücksichtigen sei, dass...