Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Urteil vom 11.03.1994; Aktenzeichen 4 Ca 2084/93)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 11.03.1994 – 4 Ca 2084/93 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung eines Verdienstausgleichs in Anspruch.

Der am 29.09.1939 geborene Kläger war bei der Beklagten, die etwa 330 bis 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, seit dem 01.04.1954 zunächst in der Gießerei beschäftigt und ist derzeit als Versandarbeiter tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metallindustrie NRW Anwendung.

Unter dem 14.09.1981 schlossen Betriebsrat und Geschäftsleitung mit Wirkung vom 01.07.1981 eine Betriebsvereinbarung zur Lohn-/Gehaltssicherung. Darin heißt es unter Nr. 1:

Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter, die nach einer Betriebszugehörigkeit von fünf Dienstjahren aus gesundheitlichen Gründen/ und oder wegen organisatorischer, betrieblicher oder technischer Änderungen im gegenseitigen Einvernehmen mit Arbeiten geringerer Bezahlung als bisher beschäftigt werden.

Gesundheitliche Gründe im Sinne dieser Betriebsvereinbarung sind gemäß Nr. 2 eine verminderte Leistungsfähigkeit infolge anhaltend schwerer oder gesundheitsgefährdender Arbeit.

Bei Beschäftigung mit geringerer Bezahlung wird gemäß Nr. 10 der BV ein Verdienstausgleich in Höhe der Differenz zwischen der bisherigen und der neuen Vergütung gezahlt. Der Verdienstausgleich ist gemäß Nr. 9 der BV auf die Dauer von 18 Monaten befristet. Der Verdienstausgleich wird für Mitarbeiter, die das 50. Lebensjahr vollendet und mindestens 25 Jahre dem Unternehmen angehören, gemäß Nr. 14 der BV unbefristet gezahlt. Die BV konnte gemäß Nr. 19 mit einer dreimonatigen Frist jeweils zum Quartalsende gekündigt werden.

Der Kläger wurde mit Wirkung vom 01.02.1990 aus gesundheitlichen Gründen mit seinem Einverständnis und Zustimmung des Betriebsrats von seinem bisherigen Arbeitsplatz in der Gießerei in den Versand versetzt und von Lohngruppe 07 in die Lohngruppe 05 herabgruppiert. Er erhielt seitdem eine Verdienstsicherung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den genannten Lohngruppen, die auf den Entgeltmitteilungen als „Verdienstsicherung unbefristet” bezeichnet wurde und zuletzt 814,53 DM monatlich ausmachte.

Die Beklagte kündigte die Betriebsvereinbarung am 10.12.1992 zum 31.03.1993 und teilte dem Betriebsrat mit, daß für alle „Fälle” ab 01.04.1993 die Regelungen des Tarifvertrages vom 25.01.1979 angewendet werden würden.

§ 18 des MTV Metallindustrie NRW in der Fassung vom 06. Mai/19. Juni 1990 sieht eine Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer vor, wenn sie wegen gesundheitsbedingter ständiger Minderung ihrer Leistungsfähigkeit auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr eingesetzt werden können und deshalb auf einem geringer bezahlten Arbeitsplatz beschäftigt werden.

Mit Schreiben vom 01.04.1993 teilte die Beklagte dem Kläger und anderen betroffenen Mitarbeitern mit, daß die Betriebsvereinbarung Lohn-/Gehaltssicherung vom 14.09.1981 am 10.12.1992 zum 31.03.1993 gekündigt worden sei. Da diese Betriebsvereinbarung keine Nachwirkung habe, entfielen ab 01.04.1993 die aus dieser Betriebsvereinbarung abgeleiteten Lohn- und Gehaltsansprüche. Die dramatisch schlechte wirtschaftliche Situation des Unternehmens lasse ihr keine andere Wahl, diese Maßnahme auch durchzuführen. In den Verhandlungen mit dem Betriebsrat habe über einen anderen Teilausgleich oder eine Übergangsregelung kein Einvernehmen erzielt werden können. Trotz der ausgelaufenen BV und der wirtschaftlichen Schwierigkeiten biete sie zur Abmilderung der Einkommensverluste freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an, die Zulage aus der Betriebsvereinbarung schrittweise abzubauen und vom 01.04. – 30.06.1993 2/3 und ab 01.07.1993 bis 31.12.1993 1/3 des bisherigen Betrages zu zahlen.

Mit Schreiben vom 10.01.1994 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger ihre Bereitschaft, freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bis zum Ende des Kalenderjahres 1994 pauschal einen Betrag in Höhe von 150,– DM brutto pro Monat als Ausgleich der ehemaligen „unbefristeten Verdienstsicherung” zu zahlen.

Mit der vorliegenden am 23.09.1993 beim Arbeitsgericht Bocholt eingegangenen Klage macht der Kläger unter Anrechnung der erhaltenen Zahlungen für den Zeitraum April 1993 bis einschließlich August 1993 1.900,57 DM brutto geltend.

Der Kläger meint, die Beklagte sei trotz Kündigung der BV verpflichtet, die Verdienstsicherung in vollem Umfang weiterzuzahlen.

Die Beklagte ist hingegen der Ansicht, daß es sich bei der BV vom 14.09.1981 um eine freiwillige Vereinbarung handele, die keine Nachwirkung entfalte, so daß ihre Verpflichtung zur Zahlung der Verdienstsicherung mit Ablauf des 31.03.1993 entfallen sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 11.03.1994 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Lohnsicherung...

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