Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Mitwirkung bei der Aufklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Berücksichtigung von Vorbringen in der Beschwerdeinstanz nach Verstreichen einer nach Instanzenende gesetzten Nachfrist

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Prüfverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist der Antragsteller bei der Aufklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Mitwirkung verpflichtet. Verletzt er diese Pflicht, ist die Bewilligung abzulehnen.

2. Setzt das Gericht im Prozesskostenhilfeprüfverfahren nach Instanzende eine Nachfrist, hat das Vorbringen - auch in der Beschwerdeinstanz - unberücksichtigt zu bleiben, wenn die Nachfrist versäumt wurde.

 

Normenkette

ZPO § 118 Abs. 2 S. 4, § 571 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 23.10.2018; Aktenzeichen 7 Ca 3267/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 23.10.2018 (7 Ca 3267/18) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 78 Satz 1 ArbGG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zutreffend gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 1 ArbGG zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1. Die gesetzliche Regelung in § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO sieht vor, dass das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen muss, wenn der Antragsteller in einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat.

2. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Denn in der Sitzung am 26.09.2018 hat die Kammer des Arbeitsgerichts der Klägerin durch verkündeten Beschluss (§ 329 Abs. 1 Satz 1 ZPO) gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO aufgegeben, binnen drei Wochen zu erklären, wovon sie derzeit ihr Einkommen bestreitet. Innerhalb der Frist hat die Klägerin keine Angaben hierzu gemacht.

3. Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren Ausführungen zu ihrer wirtschaftlichen Situation gemacht und Unterlagen vorgelegt hat, kann offen bleiben, ob dieses Vorbringen zur Glaubhaftmachung der Lebensverhältnisse ausreichend und geeignet ist. Denn das Vorbringen ist verspätet.

a) Dies folgt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der des erkennenden Gerichts (LAG Köln 29.6.2016 - 1 Ta 114/16) schon daraus, dass § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO eine spezielle Regelung darstellt, die der allgemeinen Regelung des § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO nach Sinn und Zweck vorgeht (BAG 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 - MDR 2003, 415, Rn. 13). Folge ist, dass bei einer Zurückweisung gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO neues Vorbringen in der Beschwerdeinstanz nicht berücksichtigt werden kann.

b) Soweit davon abweichend teilweise angenommen wird, dass neues Vorbringen in bestimmten Fällen in der Beschwerdeinstanz gleichwohl berücksichtigungsfähig ist, setzt dies allerdings voraus, dass dieses Vorbringen noch vor Beendigung der Instanz, für welche Prozesskostenhilfe bewilligt werden soll, bei Gericht eingeht (LAG Hamm 14.02.2018 - 14 Ta 58/18 - Rn. 4; LAG Baden-Württemberg 27.02.2017 - 14 Ta 18/16 - Rn. 12). Setzt das Gericht - wie hier - nach Instanzende eine Nachfrist, hat das Vorbringen jedenfalls dann unberücksichtigt zu bleiben hat, wenn die Nachfrist nach Instanzende versäumt wurde (Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 8. Aufl. 2016, Rn. 1086).

Im vorliegenden Fall endete die Instanz durch den Vergleich am 26.09.2018. Die in dem Beschluss vom gleichen Tage verkündete Auflage mit Fristsetzung binnen drei Wochen erfolgte nach Instanzende. Die Versäumung der Nachfrist führt auch nach dieser Auffassung dazu, dass eine Nachholung des Vorbringens in der Beschwerdeinstanz ausgeschlossen ist.

4. Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen scheidet ein Erfolg der sofortigen Beschwerde auch deshalb aus, weil die Klägerin ihre Pflicht zur Mitwirkung verletzt hat.

a) Im Prüfungsverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist der Antragsteller bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung materiell erfüllt (BGH 10.10.2012 - 4 ZB 16/12 - NJW 2013, 68). Insbesondere dann, wenn es um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Instanzende geht, führt eine mangelhafte Mitwirkung und ein daraus resultierendes Fristversäumnis zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf Prozesskostenhilfebewilligung und Anwaltsbeiordnung (BAG 03.12.2003 MDR 2003, 415).

b) Vorliegend hatte das Arbeitsgericht - obwohl dies nicht erforderlich war - im Nichtabhilfeverfahren durch Verfügung vom 04.12.2018 ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge