Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Verspätet eingereichte Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen

 

Leitsatz (amtlich)

Die erstmals nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens in der Beschwerdeinstanz eingereichten Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sind nicht mehr zu berücksichtigen. Die nachträgliche Vorlage der vom Arbeitsgericht bereits unter Fristsetzung angeforderten Angaben und Nachweise erst in der Beschwerdeinstanz ist verspätet.

 

Normenkette

ZPO § 117 Abs. 2, § 118 Abs. 2 S. 4, § 571

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 21.08.2012; Aktenzeichen 9 Ca 360/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 21. August 2012 - 9 Ca 360/12 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Am 9. März 2012 erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Klage auf Zahlung von insgesamt 8722,55 € nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 18. Februar 2012 nicht beendet wurde. Zugleich beantragte sie Prozesskostenhilfe ohne Vorlage weiterer Unterlagen dazu. Das Arbeitsgericht setzte der Klägerin formlos hierfür eine Frist bis zum 10. Juli 2012 und dann nochmals auf entsprechenden Antrag bis zum 24. Juli 2012. Am 21. August 2012 wies das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag wegen Fehlens jeglicher Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zurück. Am 13. September 2012 schlossen die Parteien einen prozessbeendenden Vergleich.

Der ablehnende Prozesskostenhilfebeschluss war der Klägerin am 23. August 2012 zugestellt worden. Am 24. September 2012 erhob sie hiergegen sofortige Beschwerde, der das Arbeitsgericht am 11. Oktober 2012 wegen Versäumung der Beschwerdefrist nicht abgeholfen hat. Es hat die Sache vielmehr dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Am 3. Dezember 2012 legte die Klägerin sodann in der Beschwerdeinstanz einer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor mit dem Hinweis, noch weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung nachreichen zu wollen. Am 4. Dezember 2012 übermittelte die Klägerin dann noch einen Kontoauszug und die Kopie ihres Mietvertrages, noch bevor sie eine gerichtliche Aufforderung zur Vervollständigung der Unterlagen erreichte.

Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin in der Beschwerdeinstanz wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß den §§ 78 S. 2 ArbGG; 127 Abs. 2 S. 2 und 3; 567 ff. ZPO; 64 Abs. 2 b und c ArbGG zulässig. Die gesetzliche Beschwerdefrist von einem Monat (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) ist entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts eingehalten. Sie lief ab Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses am 23. August 2012 und endete eigentlich gemäß § 188 Abs. 2 BGB am 23. September 2012. Dieser war jedoch ein Sonntag. Die Frist lief damit gemäß § 193 BGB bis zum Montag, dem 24. September 2012. An diesem Tag lag die sofortige Beschwerde der Klägerin vor.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat den Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrag der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

Die von der Klägerin erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens in der Beschwerdeinstanz eingereichten PKH-Unterlagen sind gemäß §§ 117 Abs. 2, 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Die nachträgliche Einreichung der vom Arbeitsgericht bereits unter Fristsetzung angeforderten Angaben und Nachweise erst in der Beschwerdeinstanz ist verspätet.

Der vollständige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe muss mit dem ordnungsgemäß ausgefüllten Antragsvordruck und allen Unterlagen grundsätzlich bereits vor dem Abschluss der Instanz oder des Verfahrens beim zuständigen Gericht vorliegen, § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO (BAG 03.Dezember 2003 - 2 AZB 19/03 -, MDR 2004, 415). Nach § 114 ZPO wird der mittellosen Partei Prozesskostenhilfe nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Verteidigung bewilligt. Der mittellosen Partei sollen die Prozesshandlungen ermöglicht werden, die für sie mit Kosten verbunden sind. Hat jedoch die Partei oder deren Prozessbevollmächtigter die aus ihrer Sicht notwendigen Prozesshandlungen schon vor der ordnungsmäßigen Beantragung der Prozesskostenhilfe vorgenommen, so hängen diese Prozesshandlungen nicht mehr davon ab, dass die Partei zuvor die entsprechenden Kosten aufbringt. Vielmehr geht es dann nur noch darum, einem Prozessbevollmächtigten durch nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe - hier nach Ende der Instanz - einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Aus diesem Grund ist eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss der Instanz nur ausnahmsweise möglich. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn das Gericht zuvor über den Antrag hätte positiv entscheiden können. Über einen rechtzeitig eingereichten Prozessko...

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