Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
1. Reicht der Antragsteller Prozesskostenhilfeunterlagen, die das Arbeitsgericht unter Fristsetzung angefordert hat, erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens in der Beschwerdeinstanz ein, sind diese gem. §§ 117 Abs. 2, 118 Abs. 2 S. 4 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen.
2. Das Verschulden des Anwalts bei der PKH-Bearbeitung ist der hilfsbedürftigen Partei zuzurechnen, § 85 Abs. 2 ZPO.
Normenkette
ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, § 118 Abs. 2 S. 4, § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Beschluss vom 05.12.2011; Aktenzeichen 2 Ca 1699 d/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 05.12.2011 – 2 Ca 1699 d/11 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen Versagung von Prozesskostenhilfe.
Die Klägerin erhob am 16.09.2011 Kündigungsschutzklage und beantragte zugleich, ihr unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Sie kündigte in der Klagschrift an, eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen.
Im Gütetermin am 21.10.2011 schlossen die Parteien einen verfahrensbeendenden Vergleich. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin – entgegen ihrer Ankündigung – die PKH-Erklärung nicht nachgereicht.
Mit Verfügung vom 27.10.2011 forderte das Arbeitsgericht die Klägerin auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine vollständig ausgefüllte Prozesskostenhilfeerklärung – ggf. nebst entsprechenden Anlagen – zur Akte zu reichen und darzulegen, aus welchen Quellen sie ab dem Monat September 2011 ihren Lebensunterhalt sowie die laufenden Kosten bestreitet.
Nachdem die Klägerin auf diese Aufforderung nicht reagiert hatte, hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin mit Beschluss vom 05.12.2011 zurückgewiesen.
Gegen diesen ihr – über ihre Prozessbevollmächtigten – am 07.12.2011 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 03.01.2012 Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerdeschrift hat sie ein ausgefülltes PKH-Formular sowie eine Verdienstabrechnung übersandt.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 06.01.2012 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die als sofortige Beschwerde anzusehende Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrag der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.
1. Die von der Klägerin erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens in der Beschwerdeinstanz eingereichten PKH-Unterlagen waren gemäß §§ 117 Abs. 2, 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Die nachträgliche Einreichung der vom Arbeitsgericht unter Fristsetzung angeforderten Angaben und Nachweise erst in der Beschwerdeinstanz war verspätet.
2. Der vollständige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe muss mit dem ordnungsgemäß ausgefüllten Antragsvordruck und allen Unterlagen grundsätzlich bereits vor dem Abschluss der Instanz oder des Verfahrens beim zuständigen Gericht vorliegen, § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO (BAG 03.12.2003 – 2 AZB 19/03 –). Nach § 114 ZPO wird der mittellosen Partei Prozesskostenhilfe nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Verteidigung bewilligt. Der mittellosen Partei sollen die Prozesshandlungen ermöglicht werden, die für sie mit Kosten verbunden sind. Hat jedoch die Partei oder deren Prozessbevollmächtigter die aus ihrer Sicht notwendigen Prozesshandlungen schon vor der ordnungsmäßigen Beantragung der Prozesskostenhilfe vorgenommen, so hängen diese Prozesshandlungen nicht mehr davon ab, dass die Partei zuvor die entsprechenden Kosten aufbringt. Vielmehr geht es dann nur noch darum, einem Prozessbevollmächtigten durch nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe – hier nach Ende der Instanz – einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Aus diesem Grund ist eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss der Instanz nur ausnahmsweise möglich. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn das Gericht zuvor über den Antrag hätte positiv entscheiden können. Über einen rechtzeitig eingereichten Prozesskostenhilfeantrag mit unvollständigen Angaben und Unterlagen kann auch dann noch nach Abschluss der Instanz bzw. des Verfahrens zugunsten des Antragstellers entschieden werden, wenn das Gericht eine Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege gesetzt hat (BAG 03.12.2003 a. a. O.). Soweit dem Antragsteller nach Ende der Instanz eine solche gerichtliche Nachfrist gesetzt worden ist, muss diese Nachfrist – anders als eine vor dem Ende der Instanz ablaufende Nachfrist – jedoch zwingend eingehalten werden (BAG 03.12.2003 – 2 AZB 19/03 –; LAG Schleswig-Holstein 21.10.2009 – 6 Ta 160/09 –).
Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind bereits dem Antrag auf Prozesskostenhilfe n...