Entscheidungsstichwort (Thema)

Nebentätigkeitsgenehmigung. einstweilige Verfügung. Verfügungsanspruch. Verfügungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das anerkannte Recht eines Arbeitgebers, die Aufnahme einer sogenannten Nebentätigkeit von seiner Zustimmung abhängig zu machen, dient ausschließlich dazu, ihm die Möglichkeit zu geben zu überprüfen, ob ausnahmsweise vorrangige berechtigte Interesse des Arbeitgebers der Aufnahme der beabsichtigten Nebentätigkeit entgegenstehen.

2. Ist letzteres nicht der Fall, folgt der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung unmittelbar aus Art. 12 I i.V.m. Art. 2 I GG. Keinesfalls steht die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung im Ermessen des Arbeitgebers.

3. Zu den Voraussetzungen, unter denen der Anspruch auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.

 

Normenkette

GG Art. 2, 12; BGB § 611; ArbGG § 62 II; ZPO § 935 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 21.09.2004; Aktenzeichen 8 (5) Ga 168/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 21.09.2004 in Sachen 8 (5) Ga 168/04 abgeändert:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller für die Zeit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache eine Nebentätigkeitsgenehmigung zu erteilen mit dem Inhalt, dass der Antragsteller außerhalb der für ihn bei der Antragsgegnerin maßgeblichen Arbeitszeit wöchentlich drei Stunden mit wechselnden Tätigkeitszeiten einer Nebentätigkeit als Finanzdienstleistungsmakler nachgehen kann.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Antragsgegnerin auferlegt.

 

Gründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingereichte Beschwerde gegen den arbeitsgerichtlichen Beschluss vom 21.09.2004 ist begründet.

Dem Antragsteller steht ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem in der Beschwerdeinstanz gemäß Schriftsatz vom 20.10.2004 beantragten Inhalt zu.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist jedenfalls mit dem in der Beschwerdeinstanz begehrten Inhalt zulässig. Ihm fehlt nicht etwa deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragsgegnerin den ursprünglichen Antrag auf Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung noch nicht endgültig abgelehnt hätte, sondern sich bis zum Erhalt der Informationen, die sie vom Antragsteller über die genaue zeitliche Lage seiner Nebentätigkeit begehrt hat, selbst noch in der Entscheidungsfindungsphase befände. Spätestens seit der Antragsteller in seinem Beschwerdebegründungsschriftsatz vom 20.10.2004 ausdrücklich klargestellt hat, dass er nicht daran denkt, seine geplante Nebentätigkeit während der Dienstzeit zu versehen, in der er arbeitsvertraglich für die Antragsgegnerin tätig werden muss – Gegenteiliges war allerdings auch dem früheren Vorbringen des Antragstellers nicht zu entnehmen ! –, bestand für die Antragsgegnerin kein Anlass mehr, die Entscheidung über den Nebentätigkeitsantrag weiter zu verzögern. Die gleichwohl erfolgte weitere Verzögerung und insbesondere der Antrag der Antragsgegnerin vom 25.11.2004, die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen, stehen einer Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung unter den gegebenen Umständen gleich.

2. Der Antragsteller hat auch einen Verfügungsanspruch. Dieser folgt unmittelbar aus Art. 12 Abs.1 GG und Art.2 Abs.1 GG. Während seiner Freizeit, das heißt während der Zeit, in der er auf Grund seiner arbeitsvertraglichen Verbundenheit mit der Antragsgegnerin nicht verpflichtet ist, für diese tätig zu werden, kann der Antragsteller grundsätzlich tun und lassen, was er will. Dazu gehört grundsätzlich auch die nach Art. 12 GG geschützte Freiheit, noch einer anderen Tätigkeit zum Gelderwerb nachzugehen. Das anerkannte Recht eines Arbeitgebers, die Aufnahme einer sog. Nebentätigkeit von seiner Zustimmung abhängig zu machen, dient ausschließlich dazu, ihm die Möglichkeit zu geben zu überprüfen, ob ausnahmsweise vorrangige berechtigte Interessen des Arbeitgebers der Aufnahme der beabsichtigten Nebentätigkeit entgegenstehen können. Keineswegs steht die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung im Ermessen des Arbeitgebers (BAG EzA § 611 BGB Nebentätigkeit Nr. 5). Sind vielmehr keine vorrangigen arbeitgeberseitigen Interessen festzustellen, besteht der Anspruch auf Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung ohne weiteres.

3. Im vorliegenden Fall sind vorrangige arbeitgeberseitige Interessen der Antragsgegnerin, die es rechtfertigen könnten, die vom Antragsteller begehrte Nebentätigkeitsgenehmigung zu versagen, auch jetzt nicht ersichtlich geworden, nachdem das Beschwerdegericht der Antragsgegnerin die Möglichkeit eingeräumt hat, schriftsätzlich zur Sache Stellung zu nehmen.

a. Die beantragte Genehmigung bezieht sich unstreitig nicht auf eine Art von Tätigkeit, die im weitesten Sinne in Konkurrenz zu der wirtschaftlichen Betätigung der Arbeitgeberin steht.

b. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die beantragte Nebentätigkeit ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge