Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. arbeitnehmerähnliche Person. Rechtsanwalt
Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einem freien Mandatsverhältnis ist mit der sozialen Typik eines Arbeitnehmers nicht vergleichbar und kann daher auch nicht als arbeitnehmerähnlich im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG angesehen werden.
Normenkette
BRAO § 43a; ArbGG § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1; BRAGO §§ 1-2; GVG § 17a
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 01.09.2010; Aktenzeichen 3 Ca 12080/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 01.09.2010 – 3 Ca 12080/09 – abgeändert:
- Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das Landgericht Köln verwiesen.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
- Der Beschwerdewert wird auf 19.800,00 EUR festgesetzt.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen. In der Hauptsache streiten sie – wie in einem rechtskräftig von den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit entschiedenen Vorprozess – um die Zahlung von Honoraren aus einem sogenannten Mandatierungsvertrag vom 12.10.2005 (Kopie Blatt 13 ff. d. A.) im Umfang von zuletzt 99.000,00 EUR.
Der Kläger, der Rechtsanwalt ist, war bei der Beklagten über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren als Arbeitnehmer beschäftigt. Unter dem 12.10.2005 vereinbarten die Parteien, dass das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der Beklagten zum 30.06.2006 endete, wobei der Kläger mit sofortiger Wirkung unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit freigestellt wurde. Gleichzeitig schlossen die Parteien unter dem 12.10.2005 einen sogenannten Mandatierungsvertrag, wonach der Kläger ab dem 01.07.2006 bis zum 30.06.2009 als Rechtsanwalt für die Beklagte und andere G Konzernunternehmen in rechtlichen Angelegenheiten tätig werden sollte. Der Kläger sollte berechtigt sein, für die Wahrnehmung von Gerichtsterminen Unterbevollmächtigte einzuschalten. Unter § 7 der Vereinbarung ist bestimmt, dass für Streitigkeiten aus dieser Vereinbarung das Amts- bzw. Landgericht Köln zuständig ist.
Die Beklagte kündigte den Mandatierungsvertrag mit Schreiben vom 28.08.2006 fristlos.
In dem Vorprozess verfolgte der Kläger mit einer Klage vom 06.10.2006 zunächst vor dem Arbeitsgericht Köln seinen Honoraranspruch für den Monat September 2006. Das Arbeitsgericht verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Köln. Das Landesarbeitsgericht Köln wies die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 24.07.2007 (9 Ta 140/07) zurück. Klage und Berufung blieben vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Köln ohne Erfolg.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei aufgrund des Mandatierungsvertrags jedenfalls arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG gewesen. Das sei ausreichend für die Begründung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG. Das durch den Mandatierungsvertrag garantierte Honorar sei von den Parteien als Haupteinnahmequelle des Klägers nach seinem Ausscheiden aus dem G Konzern vorgesehen gewesen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seien beide Parteien davon ausgegangen, dass neben dem Beraterhonorar von dem Kläger in den ersten Jahren seiner freiberuflichen Tätigkeit keine weiteren wesentlichen Einnahmen hätten erzielt werden können. So sei dem damaligen Vertreter der Beklagten bekannt gewesen, dass der Mandatierungsvertrag insbesondere im Hinblick auf das Versorgungswerk für Rechtsanwälte abgeschlossen worden sei, um für den Kläger keine Lücke bei den Beitragszahlungen entstehen zu lassen. Seine damalige Beraterin sei dementsprechend von einer „Anschubfinanzierung” ausgegangen. Dass er sich aufgrund der tatsächlichen Umstände mit Blick auf die Befristung des Mandatierungsvertrags dauerhaft auch andere Einnahmequellen habe erschließen müssen, stehe dieser Bewertung nicht entgegen.
Die Beklagte hat die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gerügt und ausgeführt, der Kläger könne auch nicht als arbeitnehmerähnliche Personen im Hinblick auf die Mandatsbeziehung angesehen werden, weil er weder wirtschaftlich von der Beklagten abhängig noch nach seiner gesamten Stellung einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig gewesen sei.
Mit Beschluss vom 01.09.2010 hat das Arbeitsgericht die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen bejaht und zur Begründung der Arbeitnehmerähnlichkeit des Klägers im Wesentlichen darauf abgestellt, dass er während der Laufzeit des Mandatierungsvertrags „erwartungsgemäß genauso schutzbedürftig war wie ein Arbeitnehmer, weil er zur Sicherung seines Lebensunterhalts unmittelbar auf die zugesagten festen monatlichen Garantiezahlungen der Beklagten angewiesen war”.
Gegen den ihr am 22.11.2010 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 06.12.2010 sofortige Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet. Sie trägt unter Vertiefung ihres erstinstanzliche...