Entscheidungsstichwort (Thema)
Beachtlichkeit von Bedenken gegen die Besetzung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle durch einen in der Arbeitsgerichtsbarkeit tätigen Richter
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ablehnung eines vorgeschlagenen Vorsitzenden durch einen Beteiligten ist nur beachtlich, wenn sie auf Tatsachen und konkret begründete Befürchtungen gestützt ist. Subjektiven Bedenken kann nur Rechnung getragen werden, wenn sie hinreichend auf objektive Umstände hindeuten.
2. Bedenken, die den Inhalt der richterlichen Spruchtätigkeit eines Vorsitzenden betreffen, etwa dass der Richter schon zu Ungunsten eines Beteiligten entschieden hatte, sind für sich allein nicht geeignet, ein fehlendes Vertrauen in die Überparteilichkeit und neutrale Verhandlungsführung in der Einigungsstelle zu begründen.
Normenkette
BetrVG § 76 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 11.04.2018; Aktenzeichen 1 BV 12/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Konzernbetriebsrats gegen den am 11.04.2018 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn- 1 BV 12/18 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz noch über die Person des Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Einführung und Anwendung des IT-Systems Employee Screening System (ESS)", das die Arbeitgeberin für sämtliche in- und ausländische Konzernunternehmen nutzen will, um Mitarbeiter in sicherheitsrelevanten Bereichen zur Erfüllung der Vorgaben der Antiterrorismus- und Länderembargoverordnungen der Europäischen Union einer sog. Hintergrundprüfung zu unterziehen.
Mit Beschluss vom 11.04.2018 hat das Arbeitsgericht in dem seitens der Arbeitgeberin eingeleiteten Beschlussverfahren Herrn Dr. K , Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht K , zum Vorsitzenden dieser Einigungsstelle bestellt und die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf vier festgesetzt. Dabei hatte es bezüglich der Person des Vorsitzenden den Anträgen der Beteiligten nicht entsprochen, nachdem beide Seiten Bedenken gegen den von der jeweiligen Gegenseite vorgeschlagenen Vorsitzenden erhoben hatten.
Der Beschluss ist dem Konzernbetriebsrat am 18.04.2018 zugestellt worden. Seine dagegen gerichtete Beschwerde ist nebst Begründung am 02.05.2018 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.
Der Konzernbetriebsrat ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht den von ihm vorgeschlagenen Vorsitzenden hätte bestellen müssen. Herr Dr. K sei für den Vorsitz der konkreten Einigungsstelle nicht geeignet. Er, der Konzernbetriebsrat, habe bereits in der Vergangenheit in einem ähnlichen Sachverhalt mit Herrn Dr. K Berührung gehabt. In dem Beschwerdeverfahren Landesarbeitsgericht Köln - 3 TaBV 49/15 - betreffend die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Sicherheitskonzept des D Air Hub L 2015" habe Herr Dr. K gemäß dem Antrag der Arbeitgeberin einen Vorsitzenden eingesetzt, obwohl er, der Konzernbetriebsrat, schriftlich Einwände gegen dessen Eignung als Vorsitzenden vorgebracht habe.
Der Konzernbetriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 11.04.2018, Az. 1 BV 12/18, zu Nr. 1 abzuändern und Herrn W , Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht B , als Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Einführung und Anwendung des IT-Systems Employee Screening System (ESS)"zu bestellen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass ein Einigungsstellenvorsitzender nicht deswegen abgelehnt werden könne, weil er in er Vergangenheit in einer Rechtssache den Antrag eines Beteiligten negativ beschieden habe. In die Person des vom Konzernbetriebsrat vorgeschlagenen Vorsitzenden habe sie, die Arbeitgeberin, nicht das notwendige Vertrauen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Konzernbetriebsrats ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Herrn Dr. K gemäß § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Einführung und Anwendung des IT-Systems Employee Screening System (ESS)" bestellt und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 BetrVG die Anzahl der Beisitzer für jede Seite auf vier festgesetzt.
1.) Die Einigungsstelle ist für die Regelung der Angelegenheit nicht offensichtlich unzuständig iSd. § 100 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Dass es sich bei der Einführung und Anwendung des IT-Systems Employee Screening System (ESS) um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt, bei der die Einigungsstelle gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG im Falle der Nichteinigung entscheidet, steht zwischen den Beteiligten außer Streit und dürfte keinen Zweifeln unterliegen. Auch über die Zahl der Beisitzer besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
2.) Die mit der Beschwerde vorgebrachten Bedenken gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Bestell...