Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg zum Arbeitsgericht, GmbH-Geschäftsführer als Arbeitnehmer. Sic non
Leitsatz (amtlich)
Ist das Dienstverhältnis der Parteien ausdrücklich und eindeutig mit dem Anstellungsvertrag als GmbH-Geschäftsführer begründet und nach einiger Zeit vor Eintragung in das Handelsregister von der Gesellschaft vorzeitig aufgekündigt worden, dann kann der Dienstnehmer die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten nicht mit der unschlüssig vorgetragenen Rechtsmeinung erreichen, die Kündigungen seien auch gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt. Es liegt damit noch kein „Sic-non-Fall” (BAG vom 24.04.1996, 5 AZB 25/95) vor die gesetzliche Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG kann durch eine Vereinbarung nach § 2 Abs. 4 ArbGG vermieden werden, aber nicht durch eine unschlüssige Rechts(weg)behauptung.
Normenkette
ArbGG § 48 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 3, § 2 Abs. 4; GVG § 17a; KSchG §§ 1, 14 Abs. 1, § 23 Abs. 1; GmbHG § 35 ff.
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Beschluss vom 21.08.1996; Aktenzeichen 1 Ca 1043/96) |
Tenor
Der Beschluß des Arbeitsgerichts Siegburg vom 21.08.1996 – 1 Ca 1043/96 – wird aufgehoben.
Wegen Unzulässigkeit des vom Kläger beschrittenen Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten wird die Sache an das zuständige Landgericht Köln verwiesen.
Die weitere sofortige Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Der Kläger schloß mit der verklagten GmbH und dem Beklagten, der seinerzeit deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter war, unter dem 18.06.1992 einen schriftlichen Anstellungsvertrag, wonach der Kläger mit Vertragsbeginn als Geschäftsführer in die Dienste der GmbH eintreten und Funktionen im kaufmännischen, betrieblichen und vertrieblichen Bereich der GmbH übernehmen, sowie bei Abwesenheit den Beklagten zu 2) vertreten sollte. Die förmliche Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der GmbH erfolgte erst mit Datum vom 11.01.1994. Der Kläger erzielte zuletzt ein Bruttomonatseinkommen von DM 224.400,– jährlich zuzüglich Dienstwagen und Tantiemeanspruch von garantiert 30 %. Die Beklagte zu 1) beschloß in einer Gesellschafterversammlung vom 10.03.1996 die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und erklärte mit Schreiben vom 14.03.1996, 19.03.1996 und mit einem weiteren Schreiben der jetzigen Gesellschafter vom 26.03.1996 eine ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages zum 30.06.1996. Der Kläger hat am 04.04.1996 die vorliegende Feststellungsklage erhoben und folgende Anträge angekündigt:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch eine
Kündigung vom 14.03.1996, zugegangen am 14.03.1996,
noch
Kündigung vom 19.03.1996, zugegangen am 21.03.1996,
noch
Kündigung vom 26.03.1996, zugegangen am 28.03.1996 per Normalbrief, sowie zugegangen am 28.03.1996 als Wertbrief, sowie zugegangen per Fax am 29.03.1996
zum 30.06.1996 beendet worden ist, sondern ungekündigt über diese Termine hinaus fortbesteht.
Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, bis zu der Bestellung als Geschäftsführer am 11.01.1994 sei er als Arbeitnehmer in Führungsposition beschäftigt worden; da mit seiner Bestellung zum Organ der Gesellschaft über den Arbeitsvertrag keine Regelung getroffen worden sei, müsse zumindest aus dem Gesichtspunkt des ruhenden Arbeitsverhältnisses nach wie vor von dem Bestand eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen werden; nach der Abberufung des Klägers und den daran anschließenden Kündigungen handele es sich nunmehr um eine Streitigkeit um die Beendigung des nunmehr nicht weiter ruhenden Arbeitsverhältnisses. Zumindest hinsichtlich des Beklagten zu 2) könne auch die für Organvertreter einer juristischen Person geltende Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG von vornherein keine Anwendung finden. In dieser Rechtsbeziehung habe vielmehr ausschließlich ein Arbeitsverhältnis bestanden, der Kläger habe den Weisungen des Beklagten zu 2) unterlegen und sei auch wirtschaftlich abhängig gewesen.
Im übrigen sei nach der neuesten Rechtsprechung des BAG für die Bestimmung der Zuständigkeit des Rechtsweges allein von der Rechtsauffassung des Klägers auszugehen, wonach es sich um die Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis handelte.
Die Beklagten haben die Unzulässigkeit des Rechtsweges gerügt und die Auffassung vertreten, der Kläger mache nicht Ansprüche aus seinem Arbeitsverhältnis geltend, sondern nur Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers. Auch im Falle der Kündigung dieses Anstellungsvertrages bleibe nach der Rechtsprechung des BAG die Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestehen. Auch wenn es an der entsprechenden Eintragung des Trägers im Handelsregister gefehlt habe, bleibe die Rechtswegfrage unberührt (BAG, Beschluß vom 13.05.1996).
Das Arbeitsgericht Siegburg hat mit dem Beschluß vom 21.08.1996 – 1 Ca 1043/96 – den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt und zur Begründung auf den Beschluß des BAG vom 24.04.1996 – 5 AZB 95/95 – verwiesen, wonach in dem Falle, daß ei...