Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Abfindung zur Tilgung von Verbindlichkeiten eingesetzt, kann sie nicht als anrechenbares Vermögen gemäß § 115 Abs. 3 ZPO berücksichtigt werden.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 08.07.2009; Aktenzeichen 14 Ca 8991/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 08.07.2009 aufgehoben.
Tatbestand
I. Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.01.2009 wurde der Klägerin ratenfrei Prozesskostenhilfe bewilligt.
Durch Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 08.07.2009 wurde dieser Beschluss dahingehend abgeändert, dass die Klägerin aus ihrem Vermögen – aufgrund der erhaltenen Abfindung aus dem geführten Prozess – einen Betrag in Höhe von bis zu 4.800,00 EUR zur Deckung der Prozesskosten zu zahlen habe.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem am 24.08.2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz, den das Arbeitsgericht als Beschwerde gewertet hat. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, da das Rechtsmittel verspätet eingereicht worden sei.
Entscheidungsgründe
II. Das Rechtsmittel der Klägerin hatte Erfolg. Der Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 08.07.2009 war aufzugeben, so dass es bei dem ursprünglichen, die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss des Arbeitsgerichts vom 16.01.2009 verbleibt.
1. Zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass das Widerspruchsschreiben der Klägerin, welches am 24.08.2009 bei Gericht eingegangen ist, auch als sofortige Beschwerde im Sinne des § 127 Abs. 2 ZPO aufzufassen ist.
Eine Verspätung der Beschwerde wegen einer möglichen Überschreitung der einmonatigen Beschwerdefrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO kann nicht festgestellt werden. Denn die angegebene Zustelladresse „stimmte nicht mehr überein mit dem tatsächlichen der Klägerin, denn diese war, wie sich sowohl aus ihrem Widerspruchsschreiben ergibt als auch aus einem späteren Postrücklauf (Bl. 80 d. PKH-Akte), verzogen zu der Anschrift”.
Unabhängig von der Beschwerdefrist ist das Widerspruchsschreiben der Klägerin jedenfalls auch als nicht an eine Frist gebundener Antrag nach § 120 Abs. 4 ZPO zu verstehen, eine negative Entwicklung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, die darin besteht, dass die durch den Zufluss der Abfindung entstandene Verbesserung der Vermögenslage sich durch die von der Klägerin vorgetragene Tilgung ihrer Verbindlichkeiten wieder verschlechtert hat.
2. In der Sache ist das Vorbringen der Klägerin begründet und führt zur Aufhebung des Abänderungsbeschlusses vom 08.07.2009. Denn die Klägerin hatte bereits in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angegeben, dass sie erhebliche Verbindlichkeiten hatte, insbesondere einen in Anspruch genommenen Dispokredit bei der Raiffeisenbank mit etwa 2.500,00 EUR Restschuld sowie den Kredit für ein Kfz in einer Größenordnung von 21.000,00 EUR.
Zwar ist nach der Prozesskostenhilfebewilligung erworbenes Vermögen, wozu auch eine Abfindung zählen kann, grundsätzlich bei der Beurteilung, ob sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, zu berücksichtigen. Die Bezahlung der Prozesskosten hat dabei jedoch nicht Vorrang vor der Tilgung der übrigen Verbindlichkeiten der Partei (siehe Zöller, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 27. Auflage, § 120 Randziffer 24). Selbst wenn insoweit durch die Zahlung der Abfindung eine erhebliche Verbesserung der Vermögensverhältnisse eingetreten ist, entfällt diese, soweit Verbindlichkeiten getilgt werden, weil sich die Situation hinsichtlich des verfügbaren Vermögens durch die Schuldentilgung unmittelbar wieder auf den vorherigen Stand rückverschlechtert.
Die Klägerin war daher nicht verpflichtet, vorrangig vor der Schuldentilgung die Vermögensverbesserung für die Prozesskosten aufzuwenden, sondern durfte die Priorität bei der Schuldentilgung setzen. Da die Verbindlichkeiten bereits im Prozesskostenhilfeverfahren im Einzelnen durch Belege glaubhaft gemacht worden sind und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Versicherung der Klägerin, von der erzielten Abfindung seien Schulden bezahlt worden, so dass kein Vermögen mehr da sei, unrichtig ist, war eine eventuelle Vermögensverbesserung weder entfallen, so dass eine Abänderung des ursprünglichen Prozesskostenhilfebeschlusses vom 16.01.2009 zu Lasten der Klägerin wieder rückgängig zu machen war.
Daher hatte es bei dem ursprünglichen Bewilligungsbeschluss vom 16.01.2009 zu verbleiben.
Unterschriften
Dr. Griese
Fundstellen