Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Beschluss vom 14.11.1988; Aktenzeichen 3 Ca 1242/88)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Streitwertbeschluß des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.11.1988 abgeändert und der Gegenstandswert für das Verfahren 3 Ca 1242/88 auf 9.992,41 DM (3-faches Monatsentgelt zuzüglich 1.000,00 DM für negative Feststellungsklage vom 03./04.08.1988), für das Verfahren 3 Ca 1372/88 auf 2.997,47 DM (einfaches Monatsentgelt) und für die verbundenen Verfahren auf 12.989,88 DM festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I. Die Beklagte kündigte der Klägerin, die zuletzt monatlich 2.997,47 DM verdiente, mit Schreiben vom 30.06.1988 fristgerecht zum 30.09.1988. Mit ihrer Kündigungsschutzklage hat die Klägerin u.a. geltend gemacht, der Betriebsrat sei zu dieser Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden (§ 102 BetrVG). Gegen die vorsorglich erneut unter dem 05.07.1988 ausgesprochene Kündigung klagte die Klägerin in einer weiteren zunächst getrennt erhobenen Kündigungsschutzklage. Die Rechtsstreite endeten nach vorangegangenem Verbindungsbeschluß durch rechtskräftigen Vergleich vom 30.08.1988.

Das Arbeitsgericht brachte in der mit der Beschwerde angefochtenen Streitwertfestsetzung für beide Kündigungsschutzklagen das jeweilige dreifache Monatsverdienst in Ansatz.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der geltend gemach wird, maßgebend für die Streitwertberechnung sei nach dem Sinn und Zweck dieser Norm allein das wirtschaftliche Interesse am Fortbestand oder Nichtfortbestehen des Arbeitsverhältnisses; nach der Auffassung des Landesarbeitsgerichtes Köln sei der Streitwert für Folgekündigungen aus der Zeitdifferenz zwischen den einzelnen Kündigungen zu berechnen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern den vollen Ansatz nach § 12 Abs. 7 ArbGG damit gerechtfertigt, daß die erste Kündigung schon Bedenken wegen § 102 BetrVG begegne, so daß erst bei der zweiten Kündigung eine Überprüfung der sozialen Rechtfertigung stattfinde, ohne daß es gerechtfertigt sei, hierfür nur den Gegenwert für 5 Tage (30.06.1988 bis 05.07.1988 = 499,60 DM), also einen nicht berufungsfähigen Betrag, in Ansatz zu bringen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 10 III BRAGO zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

Die erkennende Kammer schließt sich grundsätzlich der herrschenden Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte Düsseldorf und Köln an, daß bei mehreren Kündigungen, die in einem Abstand von weniger als drei Monaten ausgesprochen werden, nicht jeweils der volle Höchstbetrag von drei Monatsgehältern nach § 12 Abs. 7 ArbGG auszuschöpfen ist, sondern daß für die zweite Kündigung lediglich der Wert anzusetzen ist, der der Zeitdifferenz zwischen den einzelnen Kündigungen entspricht (LAG Köln, Beschluß vom 19.07.1984 – 3 Ta 113/84 = EzA § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 29; zuletzt LAG Köln, Beschluß vom 06.12.1988 – 10 Ta 264/88 –). Das soll ebenso gelten, wenn zunächst getrennte Kündigungsschutzklagen erhoben worden sind; auch dann beschränke sich der Streitwert der zweiten Klage von vornherein auf die Zeitdifferenz zwischen den beiden Kündigungen; dies gebiete neben dem sozialen Schutzzweck des § 12 Abs. 7 ArbGG der Umstand, daß das wirtschaftliche Interesse beider Klagen teilweise deckungsgleich sei und gelte jedenfalls dann, wenn besondere Gründe für eine getrennte Klageerhebung anstelle einer Klagenhäufung im bereits anhängigen Verfahren fehlten (vgl. LAG Köln, Beschluß vom 06.12.1988 – 10 Ta 264/88 –).

In Ergänzung und Modifizierung dieser Rechtsprechung hält es die Kammer jedoch – insoweit in Übereinstimmung mit dem LAG Hamm (Beschluß vom 06.05.1982 – 8 Ta 93/82 – EzA § 12 ArbGG Streitwert Nr. 15; vgl. ferner LAG Hamm vom 03.04.1986 in LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 52) – für gerechtfertigt, für die zweite ausgesprochene Kündigung einen Mindestwert von einem Monatsgehalt streitwertmäßig zu berücksichtigen. Damit wird dem bedenkenswerten Argument des Arbeitsgerichts Rechnung getragen, daß es unvertretbar erscheint, den eigentlichen Streit um eine Kündigung – wie im vorliegenden Fall wegen der sozialen Rechtfertigung der Kündigung vom 05.07.1988 – streitwertmäßig allein unter Berücksichtigung des Differenzwertes von 499,60 DM zu veranschlagen. Würde der Berufungskläger in einem streitig verlaufenen Fall das Urteil wegen der ersten Kündigung rechtskräftig werden lassen, um alsdann allein die soziale Rechtfertigung der zweiten Kündigung zur Überprüfung durch die Berufungsinstanz zu stellen, so könnte er den Berufungswert von 800,00 DM (§ 64 II ArbGG) kaum glaubhaft machen, § 64 V ArbGG. Denn das Berufungsgericht wäre in aller Regel an den vom Arbeitsgericht in einem entsprechenden Urteil festgesetzten Wert gebunden (so BAG vom 02.03.1983 EzA § 64 ArbGG Nr. 12 mit Anm. Vollkommer; BAG vom 11.06.1986 a.a.O. Nr. 17; ferner LAG Köln vom 26.06.1984 – a.a.O. Nr. 13). Bei dem angenommenen Differenzwert von 499,60 DM wäre daher die Berufung nicht statthaft.

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