Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenvertretung. Anhörungs- und Beteiligungsrecht. Stellenbesetzung mit Personalleitungsfunktion
Leitsatz (amtlich)
Das in § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX normierte Unterrichtungs- und Anhörungsrecht steht der Schwerbehindertenvertretung nur dann zu, wenn ein einzelner Schwerbehinderter oder gleichgestellter behinderter Mensch oder das Kollektiv der schwerbehinderten Menschen betroffen ist.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass entweder die spezifischen Belange der Gruppe der schwerbehinderten Menschen oder die eines einzelnen schwerbehinderten Menschen „berührt” werden.
Dies ist nicht der Fall wenn es – ohne dass schwerbehinderte Menschen als Bewerber zu berücksichtigen sind – um die Besetzung einer Stelle mit Personalleitungsfunktion geht, der nachgeordnet auch schwerbehinderte Menschen zugeordnet sind.
Normenkette
SGB IX § 95 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 04.11.2008; Aktenzeichen 8 BV 100/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.11.2008 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten um die Beteiligungsrechte des Beteiligten zu 1) als Vertrauensmann der Schwerbehinderten bei der Besetzung von Stellen mit Personalleitungsfunktion nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX.
Der Beteiligte zu 1) nimmt in Anspruch, dass er vor Durchführung der Besetzung einer derartigen Stelle vom Beteiligten zu 2) hierüber umfassend zu unterrichten und vor der zu treffenden Entscheidung anzuhören ist.
Das Arbeitsgericht hat für die mit dem Verfahren angesprochenen Besetzungsverfahren Stellen mit Personalleitungsfunktion betreffend ein Beteiligungsrecht des Beteiligten zu 1) gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 abgelehnt und die getroffene Entscheidung damit begründet, dass die durch den Beteiligten zu 1) aufgezeigte Problematik der Stellenbesetzung mit Personalleitungsfunktion keine „Angelegenheit” i. S. d. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX darstelle. Eine solche Angelegenheit liege nur vor, wenn die schwerbehinderten Mitarbeiter – einzeln oder als Gruppe – gerade im Bezug auf ihre spezifische rechtliche und tatsächliche Stellung als schwerbehinderte Menschen betroffen seien. Daher könnten unter „Angelegenheit” i. S. d. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX keine Sachverhalte fallen, die alle Beschäftigten gleichermaßen in ihrer rechtlichen oder tatsächlichen Stellung als Arbeitnehmer des Betriebes berührten.
Ergänzend wird auf die Begründung des Beschlusses erster Instanz (Bl. 59 d. A.) Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner Beschwerdeschrift vom 15.12.2008, in der die Beschwerde gleichzeitig begründet worden ist. Die Beschwerdeschrift ist beim Landesarbeitsgericht am 16.12.2008 eingegangen.
Die Beschwerde macht geltend, dass das Arbeitsgericht die Vorschrift des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verkenne. Die dort genannten Beteiligungsrechte seien immer dann betroffen, wenn schwerbehinderte Menschen von einer Maßnahme „berührt” seien. Nach der gesetzlichen Regelung sei nicht zu schlussfolgern, dass es sich dabei nur um solche Maßnahmen handeln könne, die gezielt schwerbehinderte Menschen beträfen. Ausreichend sei in jedem Fall, dass sich die Maßnahme auf die Situation schwerbehinderter Beschäftigter irgendwie auswirke. Dem stehe nicht entgegen, dass es um eine Maßnahme gehe, die ebensolche, gleiche Auswirkungen für nicht schwerbehinderte Beschäftigte auslöse.
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.11.2008 abzuändern und festzustellen, dass der Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, den Beteiligten zu 1) nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vor der Entscheidung zur Besetzung einer Stelle mit Personalleitungsfunktion, die der Mitbestimmung des Personalrats nach § 72 LPVG Nordrhein-Westfalen unterliegt, zu unterrichten und anzuhören, soweit es um die Besetzung einer Stelle geht, der bezüglich der Personalleitungsfunktion mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet ist.
Die Beteiligte zu 2) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2) verteidigt den Beschluss in erster Instanz unter Vertiefung ihres Sachvortrags.
Wegen des sonstigen Sach – und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Akten sowie die gewechselten Schriftsätze beider Instanzen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Der Beteiligte zu 1) hat gegen den unter dem 21.11.2008 zugestellten Beschluss erster Instanz fristwahrend mit seiner Beschwerdeschrift vom 15.12.2008, die am 16.12.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift enthält gleichzeitig die Begründung für die Beschwerde. Diese Begründung setzt sich im Einzelnen mit dem Beschluss erster Instanz auseinander und erweist sich damit als ein ordnungsgemäß eingelegtes Rechtsmittel.
2. Die B...