Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwand der Erfüllung im Vollstreckungsverfahren immer beachtlich. Keine materielle Prüfung der Richtigkeit des Titels durch Gericht im Zwangsvollstreckungsverfahren (nur bei Berufung und Vollstreckungsgegenklage). Inhaltliche Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungstitels
Leitsatz (amtlich)
1. Der Erfüllungseinwand der Schuldnerin ist im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO grundsätzlich zu berücksichtigen.
2. Es ist aber nicht Aufgabe der Beschwerdekammer im Beschwerdeverfahren, das erstinstanzliche Urteil und den dort titulierten Weiterbeschäftigungstitel vor dem Hintergrund der Neuzuweisung des Arbeitsplatzes einer materiell-rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Aufgabe des Vollstreckungsverfahrens ist es zu klären, ob die Schuldnerin einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin die Verpflichtung besteht und ob das Urteil zu Recht ergangen ist. Nachträglich entstandene Einwendungen gegen den durch das erstinstanzliche Urteil festgestellten Anspruch können nur mit der Berufung oder im Wege der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend gemacht werden.
3. Wenn sich die Arbeitgeberin selbst veranlasst sieht, den Betriebsrat zu einer Versetzung der Antragstellerin anzuhören, dann ist dies ein starkes Indiz dafür, dass von „Weiter“-Beschäftigung keine Rede sein kann. Dass der Einsatz der Klägerin, den die Beklagte als Erfüllung des Titels betrachtet, in einem Container ohne Telefonanschluss abseits des Verwaltungsgebäudes stattfinden soll, mag als zusätzliches Indiz für eine titelwidrige Zuweisung einer Tätigkeit Berücksichtigung finden. Endgültige Gewissheit, dass es sich bei der zugewiesenen Tätigkeit nicht um eine Tätigkeit handelt, die dem Weiterbeschäftigungstitel entspricht, vermittelt der Vortrag der Arbeitgeberin, die Arbeitnehmerin sei aus der bisher zugewiesenen Struktur entfernt und ihr seien neue Aufgaben zugewiesen worden, die nicht nur zu einer Zuweisung zu einem neuen Vorgesetzten geführt habe, sondern auch zur Übertragung neuer Aufgaben aus einem anderen Bereich als dem im Weiterbeschäftigungstitel genannten.
Normenkette
ZPO § 888; BGB § 362; ZPO § 97 Abs. 1, §§ 750, 767
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 26.01.2021; Aktenzeichen 9 Ca 57/20) |
Tenor
- Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 26.01.2021 – 9 Ca 57/20 – wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die beklagte Arbeitgeberin gegen die durch das Arbeitsgericht Köln vorgenommene Festsetzung eines Zwangsgeldes, die auf Antrag der klagenden Arbeitnehmerin zur Durchsetzung eines Weiterbeschäftigungstitels beantragt worden war.
Mit Urteil vom 12.08.2020 - 9 Ca 57/20 - hat das Arbeitsgericht Köln die Beklagte verurteilt, „die Klägerin zu den im Arbeitsvertrag vom 19.05.2008 geregelten Arbeitsbedingungen als Mitarbeiterin im Customer Service Center bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über das Kündigungsschutzverfahren weiter zu beschäftigen.“
Gegen den auf Antrag der Klägerin vom 27.11.2020 ergangenen Beschluss vom 26.01.2021, mit dem zur Durchsetzung des Beschäftigungstitels aus dem Urteil vom 12.08.2020 - 9 Ca 57/20 - gegen die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR festgesetzt worden war und der der Beklagten am 26.01.2021 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 28.01.2021 beim Arbeitsgericht Köln sofortige Beschwerde erhoben. Am 18.02.2021 hat das Arbeitsgericht beschlossen, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts zum Beschluss vom 26.01.2021 (Bl. 453 d.A.) und zum Nichtabhilfebeschluss vom 18.02.2021 (Bl. 489 d.A.) wird Bezug genommen. Mit Verfügung des Beschwerdegerichts vom 26.02.2021 ist den Parteien eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt worden. Gleichzeitig wurde den Parteien ein Zwischenvergleich vorgeschlagen, dessen Gegenstand die Begründung eines Prozessarbeitsverhältnisses unter bestimmten Bedingungen unter gleichzeitiger Freistellung von der Arbeitspflicht war. Zum Erhalt des Anschreibens mit Fristsetzung und Vergleichsvorschlag haben sich die Prozessbevollmächtigten am 04.03.2021 und am 05.03.2021 bekannt. Mit Schreiben vom 10.03.2021 hat die Beklagte ihr Einverständnis zum gerichtlichen Vergleichsvorschlag erklärt. Mit Schreiben vom 09.03.2021 hatte aber die Klägerin vorab bereits mitgeteilt, mit dem Vorschlag nicht einverstanden zu sein. Bis zum Ablauf der Stellungnahmefristen am 19.03.2021 haben sich die Parteien – mit Ausnahme der Übersendung eines Organigramms durch die Klägerin – nicht weiter zum Beschwerdeverfahren geäußert.
Die Beklagte hatte zur Begründung ihrer Beschwerde vorgetragen, sie erfülle die Beschäftigungspflicht aus dem Urteil des Arbeitsgerichts. Seit Anfang des Monats September 2020 sei sie nun wieder als Mitarbeiterin des Customer Service Centers beschäftigt. Der Personalleiter habe sich Ende August 2020 ...