Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsklausel. Prozeßvergleich. Kostenerstattung
Leitsatz (amtlich)
Von einer in einem Abfindungsvergleich vereinbarten Ausgleichsklausel werden regelmäßig Ansprüche aus einem beim Gericht eingeleiteten Verfahren auf Kostenerstattung nicht erfaßt.
Normenkette
ZPO §§ 97-98, 794
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Beschluss vom 11.03.1997; Aktenzeichen 1 Ca 2029/94) |
Tenor
Die als Beschwerde anzusehende Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Bonn vom 11.03.1997 – 1 Ca 2029/94/13 Sa 907/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Die Kostenerinnerung, der Rechtspfleger und Arbeitsgericht nicht abgeholfen haben und die damit als Beschwerde anzusehen ist, ist in gesetzlicher Form und Frist eingelegt worden und damit zulässig. Sachlich ist sie jedoch unbegründet. Der Rechtspfleger hat auf den Antrag des Klägers die Kosten des Berufungsverfahrens beim LAG Köln – 11 (13) Sa 907/95 – als erstattungsfähige Kosten gegenüber der Beklagten festgesetzt. Soweit die Beklagte einer Kostenerstattungsverpflichtung unter Hinweis auf Ziffer 4 des in den Berufungsverfahren 5 Sa 854/96 und 5 Sa 906/96 geschlossenen, bestandskräftigen gerichtlichen Vergleichs widerspricht, kann ihr nicht gefolgt werden:
1) Unter Ziffer 4 dieses Vergleichs ist vereinbart, daß „mit Erfüllung des Vergleichs…sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung – gleich aus welchem Rechtsgrund – gegeneinander ausgeglichen” sind. Mit einer solchen umfassenden Ausgleichsklausel sollen alle Ansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis bereinigt werden, sie erfaßt daher in der Regel alle wirtschaftlich mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Ansprüche, etwa auch Ansprüche auf Rückgewähr überzahlten Arbeitslohns, wobei das Ziel allgemeiner Ausgleichsklauseln zu berücksichtigen ist, das streitige Rechtsverhältnis abschließend friedlich zu regeln (BAG AP Nr. 22, 25 zu § 794 ZPO). Die hier vereinbarte Ausgleichsklausel bezieht sich aber lediglich auf Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis”, somit aus dem von den Parteien geregelten materiellen Rechtsverhältnis, nicht dagegen auf das zwischen ihnen bestehende Prozeßrechtsverhältnis. Daraus resultierende Kostenerstattungsansprüche haben ihre Grundlage in den durch Erhebung der Klage begründeten prozessualen Beziehungen der Parteien und beruhen auf prozeßrechtlichen Bestimmungen, das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ist für sie weder notwendige Voraussetzung noch Grundlage. Sie ergeben sich vielmehr unabhängig von den arbeitsrechtlichen Beziehungen der Parteien allein aus dem Prozeßrecht, im vorliegenden Fall etwa aus der auf § 97 ZPO beruhenden Kostenentscheidung vom 19.01.1996, wonach die in dem Berufungsverfahren beim Landesarbeitsgericht mit dem Aktenzeichen 11 (13) Sa 907/95 unterlegene Beklagte die Kosten dieses Berufungsverfahrens zu tragen hat. Auch bei weitester Wortauslegung eines Vergleichstextes mit umfassender Ausgleichsklausel unterfallen solche Kostenerstattungsansprüche aus einem gerichtlichen Verfahren nicht einer das materielle Rechtsverhältnis betreffenden allgemeinen Ausgleichsklausel, mag sie auch so weit gefaßt sein wie im vorliegenden Fall. Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 10.03.1997 darauf verweist, daß auch die Kosten der Verhandlung – und des Vergleichs – vom 21.11.1996 trotz Nichterwähnung im Vergleich ausgeglichen sein sollten, ist dies zwar im Ergebnis zutreffend. Dies ergibt sich jedoch entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung nicht aus dem Inhalt des Vergleichs, sondern aus § 98 ZPO, der eine Auslegungsregel für den Fall beinhaltet, daß die Parteien keine Kostenregelung treffen. Hierbei übersieht die Beklagte, daß eine Aufhebung der Kosten nur für die Kosten des Vergleichs und des durch den Vergleich erledigten Rechtsstreits erfolgt, „soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist”. Gerade dies ist jedoch hinsichtlich der vorliegend umstrittenen Kosten, über die die 13. Kammer in dem Verfahren 11 (13) Sa 907/95 rechtskräftig entschieden hat, nicht der Fall, so daß es trotz Nichtregelung der Kostenfrage in dem Vergleich der Parteien insoweit auch nach der Bestimmung des § 98 ZPO bei dieser rechtskräftigen Kostenentscheidung zu verbleiben hat.
2) Wenn hiernach sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Zweck der vereinbarten Ausgleichsklausel, das materielle Rechtsverhältnis – und nicht das prozessuale Rechtsverhältnis – der Parteien abschließend zu regeln, von einer Erstreckung der darin geregelten Verzichtswirkung auf bestehende Kostenerstattungsansprüche nicht ausgegangen werden kann, so könnte dies – über den Wortlaut des Vergleichs-
textes hinausgehend – jedenfalls dann angenommen werden, wenn der wirkliche Wille der Parteien dahin gehen würde. Denn bei der Auslegung von Willenserklärungen kann – über den Wortlaut hinaus – aufgrund von Begleitumständen, die beiden Vertragspartnern bekannt sind, auf einen vom Wortlaut abweichenden und da...