Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgetretene Bezüge. Restschuldbefreiung. krankheitsbedingte Aufwendungen

 

Leitsatz (amtlich)

1) An einen Treuhänder zum Zwecke der Restschuldbefreiung gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO abgetretene Bezüge mindern die finanzielle Leistungsfähigkeit, so dass die abgeführten Beträge i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO vom Einkommen abziehbar sind, sofern nicht besondere Umstände entgegenstehen.

2) Notwendige und angemessene krankheitsbedingte Aufwendungen, die nicht von der Krankenkasse getragen werden, stellen i. d. R. eine besondere Belastung dar, die i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO zu einer Abzugsfähigkeit führt.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4; InsO § 287 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 13.08.2010; Aktenzeichen 8 Ca 11891/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 13.08.2010 abgeändert:

Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz ab dem 21.09.2010 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin S-P aus F zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts als Prozessbevollmächtigte beigeordnet.

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger bei einem einzusetzenden Einkommen in Höhe von 365,60 EUR eine monatliche Rate in Höhe von 135,00 EUR ab dem 21.09.2010 zu zahlen hat.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Flugbegleiter beschäftigt und bezieht ein durchschnittliches Nettomonatsentgelt in Höhe von 1. 737,84 EUR, das 13-mal gezahlt wird. Er begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung seiner Rechtsanwältin für eine Klage, mit der er die Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte erstrebt.

Mit Beschluss vom 13.08.2010 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 115 Abs. 4 ZPO mit der Begründung abgewiesen, bei einem einzusetzenden Einkommen in Höhe von 726,00 EUR und einem Streitwert von 2.400,00 EUR überstiegen die Prozesskosten nicht die bewilligungsrelevante Grenze von vier Monatsraten.

Gegen den am 20.08.2010 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 20.09.2010 sofortige Beschwerde erhoben, mit der er geltend macht, bei der Berechnung seien als zusätzliche Belastungen monatliche Zahlungen aufgrund einer Privatinsolvenz an den Insolvenztreuhänder und monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 600,00 EUR für ein Darlehn zur Begleichung einer Zahnarztrechnung zu berücksichtigen.

Das Arbeitsgericht Köln hat mit Beschluss vom 30.09.2010 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 13.08.2010 ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 u. 3 ZPO i. V. m. §§ 11 a Abs. 3 ArbGG, 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 569 ZPO zulässig. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

1. Die sachlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 3 ArbGG liegen vor. Die Klage bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger hat den geltend gemachten Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte nämlich schlüssig dargelegt und Beweis für seine Behauptungen angetreten.

2. Nach den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen, teilweise abzugsfähigen weiteren Belastungen ist von einem einzusetzenden Einkommen des Klägers in Höhe von nur 365,60 EUR auszugehen. Dies führt gemäß § 115 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 3 ArbGG zu einer monatlichen Ratenzahlung in Höhe von 135,00 EUR, deren Vierfaches die Kosten der Prozessführung nicht übersteigt (vgl. § 115 Abs. 4 ZPO).

Das maßgebende einzusetzende Einkommen berechnet sich dabei wie folgt:

a) Von dem monatlichen Nettoverdienst des Klägers in Höhe von 1.882,66 EUR (1.737,84 × 13 : 12) sind gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO der Erwerbstätigkeitsfreibetrag in Höhe von 180,00 EUR sowie gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO der Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 395,00 EUR abzuziehen.

b) Darüber hinaus sind an Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO) insgesamt 369,66 EUR zu berücksichtigen. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen schuldet der Kläger monatlich eine Nettomiete von 334,46 EUR sowie für Heizung 35,20 EUR.

Weitergehende Nebenkosten für Strom und Wasser sind nicht abzugsfähig, denn sie gehören zur allgemeinen Lebenshaltung und sind bereits in den Freibeträgen für das Existenzminimum enthalten (BGH v. 08.01.2008 – VIII ZB 18/06NJW-RR 2008, 595; LAG Köln v. 13.07.2010 – 1 Ta 130/10 – m. w. N.; Musielak-Fischer, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 115 Rn. 22).

c) Darüber hinaus sind die an den Treuhänder abgeführten Beträge in Höhe von durchschnittlich 572,40 EUR pro Monat abzuziehen.

aa) Dem steht in prozessualer Hinsicht nicht entgegen, dass der Kläger diesen Sachvortrag erst in der Beschwerdeinstanz vorgebracht und entsprechende Belege vorgelegt hat. Gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 3 ArbGG ist neuer Sachvortrag in der Beschwerdein...

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