Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung. Mitbestimmung. Zustimmungsverweigerung. Zustimmungsfiktion
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Beteiligung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten Einstelllung eines Arbeitnehmers ist die Vorlage einer Tätigkeitsbeschreibung entbehrlich, wenn der Betriebsrat sowohl den konkreten Arbeitsplatz als auch die Tätigkeit des Mitarbeiters aus eigener Sachkunde genau kennt.
2. Der Betriebsrat ist im gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren für die Einhaltung der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG darlegungs- und beweispflichtig.
Normenkette
BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 07.08.2008; Aktenzeichen 8 BV 276/08) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 07.08.2008 – 8 BV 276/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmung bei einer Eingruppierung.
Die Antragstellerin beschäftigt unternehmensweit rund 1.200 Arbeitnehmer, davon 45 Mitarbeiter in ihrem K Betrieb, in welchem der Beteiligte zu 2. als Betriebsrat gewählt ist. Auf die im Unternehmen bestehenden Arbeitsverhältnisse werden die zwischen dem Landesverband Beton- und Fertigteilindustrie NRW e. V. und den einschlägigen Fachgruppen im Baugewerbeverband Nordrhein, Baugewerbeverband Westfalen sowie der Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt, Region Nordrhein-Westfalen geschlossenen Tarifverträge des Betonsteingewerbes in Nordrhein-Westfalen angewandt. Die tarifliche Eingruppierung richtet sich derzeit nach dem Entgeltrahmentarifvertrag für die Beschäftigten in der Beton- und Fertigteilindustrie und dem Betonsteinhandwerk in Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2003 (ERTV).
Der Arbeitnehmer K absolvierte in der Zeit vom 01.08.2004 bis 30.01.2008 eine 3,5-jährige Ausbildung zum Elektroniker für Automatisierungstechnik und wurde nach Ausbildungsende in einem vom 31.01. bis 30.04.2008 befristeten Arbeitsvertrag im Bereich Elektroabteilung für Projektarbeit und als Schichtelektriker bei einer Eingruppierung in Entgeltgruppe E 6 eingestellt. Die Antragstellerin beabsichtigte sodann den Vertrag mit diesem Mitarbeiter über den vereinbarten Endtermin hinaus zu verlängern und bat den Beteiligten zu 2. mit E-Mail vom 28.04.2008 um Zustimmung zur Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr bis zum 30.04.2009.
Mit E-Mail vom 28.04.2008 stimmte der Beteiligte zu 2. der Vertragsverlängerung mit der Maßgabe zu, dass eine Eingruppierung in Entgeltgruppe E 7.2 vorgenommen werden solle. Letzteres lehnte die Antragstellerin wegen der fehlenden Berufspraxis des Mitarbeiters K ab. Daraufhin wandte sich der Vorsitzende des Beteiligten zu 2. mit E-Mail vom 29.04.2008 an die Antragstellerin und teilte mit, dass der Beteiligte zu 2. von einer zutreffenden Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8 ausgehe. Hierauf antwortete die Antragstellerin mit E-Mail vom 06.05.2008 und teilte mit, dass sie jedenfalls für das laufende Jahr eine Höherstufung über die Entgeltgruppe E 6 hinaus ablehne.
In der am 13.05.2008 durchgeführten Betriebsratssitzung fasste der Beteiligte zu 2. zur streitgegenständlichen Eingruppierungsthematik folgenden Beschluss:
„Da HR weiterhin der Meinung ist, dass die beiden übernommenen Azubis in der E 6 richtig aufgehoben sind und der BR dieser Eingruppierung weiterhin widerspricht, wird es wohl zu keiner innerbetrieblichen Einigung kommen.
Daher soll die Einigungsstelle bzw. ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden. Herr P schlägt die Anwaltskanzlei D vor, mit der schon vor Jahren zusammengearbeitet wurde.
Der BR fasst einstimmig den entsprechenden Beschluss.
Der Antrag auf Kostenübernahme geht umgehend an die HR.”
Demgemäß unterrichtete der Beteiligte zu 2. mit E-Mail vom 16.05.2008 die Antragstellerin mit der Bitte um Kostenübernahmezusage darüber, dass die Kanzlei D mit der Einleitung eines betriebsverfassungsrechtlichen Beschlussverfahrens beauftragt werden solle.
Die Antragstellerin teilte dem Beteiligten zu 2. sodann mit E-Mail vom 21.05.2008, die an das E-Mail-Postfach des Betriebsratsvorsitzenden gerichtet war, mit, dass weiterhin an der Eingruppierung des Mitarbeiters K in die Entgeltgruppe 6.1 ERTV festgehalten werde und der Betriebsrat ausdrücklich nochmals um Zustimmung zu der Eingruppierung in diese Entgeltgruppe gebeten werde. Der Vorsitzende des Beteiligten zu 2. war in der Zeit vom 21.05. bis 13.06.2008 arbeitsunfähig krank. Andere Mitglieder des Betriebsrats hatten in dieser Zeit keinen Zugang zu seinem E-Mail-Postfach. Am 11.06.2008 kam der Betriebsratsvorsitzende während der noch fortdauernden Arbeitsunfähigkeit in den Betrieb und nahm persönlich von der vorgenannten E-Mail der Antragstellerin vom 21.05.2008 Kenntnis. Noch am gleichen Tag lud er daraufhin den Betriebsrat zu einer außerordentlichen Betriebsratssitzung am 16.06.2008 ein. In der Sitzung vom 16.06.2008 beschloss der Beteiligte zu 2., dem Eingruppierungsantrag der Antragstellerin bezüglich des Mitarbeiters K nicht zuzust...